: Polizei kündigt Razzia gegen rechts an
■ Angriffe gegen Asylbewerberheim in Wismar reißen nicht ab/ Überfall auf Afghanen in Bremerhaven
Berlin (dpa/taz) — Ähnlich wie in Sachsen wollen auf Drängen des Ministerpräsidenten von Mecklenburg- Vorpommern, Berndt Seite, auch in diesem Land Polizei und Staatsanwaltschaft mit einer Großrazzia gegen die rechte Szene vorgehen, um Waffen und Munition zu beschlagnahmen. Dies kündigte der Wismarer Polizeisprecher an. In der Nacht zum Montag hatten vor dem dortigen Asylbewerberheim wieder 50 Jugendliche randaliert. Neun von ihnen nahm die Polizei vorläufig fest. In Güstrow warfen fünf Unbekannte Steine gegen das Flüchtlingsheim; in Schwerin nahm die Polizei drei Jugendliche aus einer Gruppe fest, die sich vor der dortigen Asyl-Unterkunft versammelt hatten. In Bremerhaven schlugen 17- bis 19jährige am späten Samstagabend zwei afghanische Asylbewerber mit Zaunlatten so zusammen, daß diese ins Krankenhaus mußten. Die Täter wurden vorläufig festgenommen. Am Sonntag abend griffen Jugendliche erneut das Ausländerheim im brandenburgischen Lychen an.
Liberale warnen Union
Während Bundesinnenminister Seiters gestern zunächst in Görlitz mit dem sächsischen Innenminister Eggert über Asylfragen sprach und anschließend das zentrale Aufnahmelager für AsylbewerberInnen in Chemnitz besichtigte, kritisierte der FDP- Rechtsexperte Burkhart Hirsch Seiters' Asyl-Vorschläge vom Sonntag als „blinden Aktionismus“. Seiters will, daß abgelehnte AsylbewerberInnen nach ihrer Abschiebung nur noch vom Heimatland aus klagen können.
Zahlreichen Unionsabgeordneten geht der Seiters-Vorschlag noch nicht weit genug. Nach ihren Vorstellungen sollen sich abgelehnte AsylbewerberInnen künftig nicht mehr an Gerichte, sondern nur noch an einen Beschwerdeausschuß des Bundestages wenden können, womit für Flüchtlinge die in Artikel 19 des Grundgesetzes festgelegte Rechtswegegarantie abgeschafft würde.
Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Schwätzer warnte die Union gestern davor, die SPD durch eine Bundestagsabstimmung über die Grundgesetzänderung noch vor deren Sonderparteitag zu provozieren. Für die meisten Maßnahmen brauche man die Zustimmung der SPD.
Wie aus einem entsprechenden Positionspapier hervorgeht, will Seiters zur Bekämpfung der rechtsextremistischen Gewalt den Paragraphen für Landfriedensbruch ändern, das Haftrecht verschärfen und Handhabe dafür schaffen, WiederholungstäterInnen in U-Haft nehmen zu können. Der Innenminister denkt weiter darüber nach, gegen bestimmte rassistische Gruppen Verbote nach dem Vereinsrecht aussprechen zu lassen.
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