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Polizei durchsuchte Anti–WAA–Büro

■ Mit Aufklebern soll öffentlich zu Straftaten aufgefordert worden sein / Adressenkarteien und Videofilme beschlagnahmt / Schwandorfer BIs sehen massive Behinderung der Sammelaktion der Einwendungen

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Etwa 40 Beamte des Landeskriminalamtes und der örtlichen Polizei durchsuchten gestern das Anti–WAA– Büro in Schwandorf und das InfoBüro in Altenschwand. Hauptziel der Polizeiaktion gegen die beiden Anti–WAA–Koor dinierungsbüros waren Adressenbestände, Aufkleber, Kontoauszüge und Rundbriefe. Der Durchsuchungsbefehl war bereits am 18.Februar ausgestellt worden. Ermittlungsrichter Dr. Schmalzbauer vom Amtsgericht Schwandorf begründete die Aktion gegen das Anti–WAA–Büro mit dem Vertrieb von den Aufklebern „Oberpfälzer Sägefische“, „Widerstand braucht Phantasie“ und einem fünfzackigen Stern versehen mit Säge und Halstuch. Damit sei der Tatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§111StGB) erfüllt. Die seit Jahren vertriebenen Aufkleber mußten auch als offizielle Begründung für die Beschlagnahme des gesamten Adressenbestands des Anti– WAA–Büros herhalten. Disketten mit über 3.000 Adressen nahmen die Beamten mit, um - so die offizielle Begründung - „das Verbreitungsgebiet der Aufkleber festzustellen“. Nicht im Durchsuchungsbeschluß aufgeführt sind 18 beschlagnahmte Videokassetten, die Fernsehmitschnitte und verschiedene Dokumentarfilme zum Thema WAA enthalten. In Abwesenheit der Mitarbeiter durchsuchten Beamte das Altenschwander Infobüro, das die Demonstration am 5.3. in Regensburg koordiniert. Dort wurden u.a. Kontoauszüge und der „Kriminalisierungsrundbrief“ vom Umweltzentrum Kassel beschlagnahmt. Die Beamten hinterließen keinen Durchsuchungsbefehl. Irene–Maria Sturm, Sprecherin der Schwandorfer Bürgerinitiative, versteht die Polizeiaktion, insbesondere die Beschlagnahme der Adressen als „massive Behinderung der jetzt anlaufenden Sammelaktion von Einwendungen gegen die zweite atomrechtliche Teilerrichtungsgenehmigung der WAA“. Bereits im Herbst 1986 waren beide Büros im Vorfeld der Herbstaktionen gegen die WAA durchsucht worden. Alle damals beschlagnahmten Gegenstände, darunter auch Adressenkarteien, wurden bis heute nicht zurückgegeben.

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