Politischer Wirrkopf in der NBA: Kritische Punkte

Basketball-Star Kyrie Irving fällt wieder einmal negativ auf. Er agitiert für einen antisemitischen Film und spielt munter weiter.

Kyrie Irving vor einer Gruppe von Fans in T-Shirts mit der Aufschrift "Fight Antisemitism"

Kritische Fans: Kyrie Irving beim Spiel seiner Brooklyn Nets gegen die Indiana Pacers Foto: USA Today/imago

Die Basketballliga NBA gilt unter den amerikanischen Profiligen als politisch progressiv. Statt den Sportbetrieb hermetisch von politischen Fragen trennen zu wollen, wurde den Spielern in den vergangenen Jahren immer wieder die Möglichkeit und Freiheit gegeben, auf und abseits des Feldes auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. Wie aber wird reagiert, wenn es die Falschen sind, die auf diesem Wege zu ihrer politischen Stimme finden?

So wurde sich im Zuge dieser Entwicklung auch der Star-Aufbauspieler Kyrie Irving von den Brooklyn Nets seiner Reichweite bewusst. Immer wieder war er mit der Verbreitung verschiedener Verschwörungstheorien aufgefallen – von Impfverschwörungen über die New World Order bis hin zu Flat-Earth-Theorien.

Nun steht er zum Beginn der neuen Saison erneut für seine öffentlichen Äußerungen stark in der Kritik. Er hatte einen Link zu dem anti­semitischen Film „Hebrews to Negroes: Wake Up Black America!“ auf Twitter geteilt. Der Film und das gleichnamige Buch verbreiteten anti­semitische Narrative, die extremen Sekten der Black-Hebrew-Israelite-Bewegung zuzuschreiben sind, so die NGO Anti-Defamation League.

Ausgehend von der Erzählung, das tatsächliche auserwählte Volk Gottes seien Schwarze Juden gewesen, die von europäischen ­Juden unterdrückt und verdrängt worden seien, entspinnt sich die Theorie, das westliche Judentum stehe am Ursprung des Rassismus gegen Schwarze Menschen und der Sklaverei.

Widersprüchliche Rechtfertigungsmuster

Für die NBA und die Brooklyn Nets ist es eine erneute Eskalationsstufe im Fall Kyrie Irving, der noch vor kurzer Zeit einer der besten und beliebtesten Spieler der NBA war. Besonders weil der Nets-Spieler keine Einsicht zeigt, sondern alle Vorwürfe des Antisemitismus von sich weist. Er scheint sich nicht im Klaren zu sein, welche gesellschaftliche Rolle er sich selber zuschreiben möchte. Immer wieder verstrickt er sich in widersprüchliche Rechtfertigungsmuster.

Mal sagt er: „Ich bin nicht alleine. Ich habe eine ganze Armee um mich.“ Nur um im nächsten Moment den Medien vorzuwerfen, ihn zu Fall bringen zu wollen. „Jeden Tag werden Dinge gepostet. Ich bin nicht anders als jeder andere Mensch, behandelt mich also auch nicht anders.“ Auf mehr Zurückhaltung hofft man hier wohl vergebens.

Das befürchtet wohl auch der Besitzer der Brooklyn Nets Joe Tsai. Er meldete sich umgehend auf Twitter zu Wort und bedauerte die Verbreitung diskriminierender Aussagen durch Irving. Er wolle sich mit seinem Star-Spieler persönlich zusammensetzen, um diesen zur Einsicht zu bewegen, denn dieses Thema sei „bigger than basketball“. Starke Worte, um den Ruf des eigenen Sportteams aus dem hippen New Yorker Bezirks zu schützen. Doch geht es hier wirklich nicht um Basketball? Die Frage, warum Irving in der gestrigen Nacht gegen die Indiana Pacers trotz der Vorkommnisse spielen durfte, muss sich die Franchise aus Brooklyn jedenfalls gefallen lassen.

Sollte es bei den paar offiziellen Statements und Tweets bleiben, ist das eine gewohnt schwache Reaktion einer Organisation, die sportlich ausgesprochen abhängig von ihrem zweitbesten Spieler ist. Mithilfe seiner stattlichen 28 Punkte gegen die Indiana Pacers konnte am Montagabend endlich der zweite Saisonsieg eingefahren werden. Dass ein paar Highlight-Videos den Eklat nicht ungeschehen machen werden, zeigte das Spiel jedoch auch.

In der ersten Reihe hatten sich acht jüdische Brooklyn-Fans mit T-Shirts positioniert, auf denen „Fight Antisemitism“ zu lesen war. Die Debatte um Kyrie Irving wird also in die nächste Runde gehen. Der NBA-Star muss sich nun direkt vor den Menschen, die er mit seinen politischen Umtrieben tatsächlich in Gefahr bringt, verantworten und nicht mehr nur vor Sportjournalisten. Einer der Aktivisten schilderte nach dem Spiel die Reaktion Irvings auf die T-Shirt-Aktion: „Er hat gelacht, voller Sarkasmus und einfach gesagt: Ich finde toll, dass ihr euch öffentlich bekennt und hier so zahlreich auftaucht.“ Bei seinen Kritikern konnte Irving nun wahrlich nicht punkten an diesem Abend.

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