Politischer Jahresauftakt der Linkspartei: Lötzsch fühlt sich missverstanden
Die Linken-Parteichefin wehrt sich: Gabriel betreibe eine "üble Diffamierungskampagne". Ihr Co-Vorsitzender Klaus Ernst betont, niemand in der Partei wolle den Kommunismus.
BERLIN dpa/dapd | Linken-Chefin Gesine Lötzsch hat die in der Kommunismusdebatte gegen sie erhobenen Vorwürfe in scharfer Form zurückgewiesen. Wer etwa wie SPD-Chef Sigmar Gabriel ihre demokratische Gesinnung infrage stelle, betreibe eine "üble Diffamierungskampagne", sagte Lötzsch am Montag beim politischen Jahresauftakt ihrer Partei in Berlin. Wer völkerrechtswidrige Kriege befürworte, "soll mir nicht erklären, was Demokratie ist", fügte sie hinzu. Sie bekannte sich erneut zum demokratischen Sozialismus und fügte hinzu: "Ich bin Demokratin mit Haut und Haaren."
Lötzsch wies darauf hin, dass sich ihre Partei längst vom Realsozialismus distanziert habe. Wer behaupte, die Linke habe ihre Geschichte nicht aufgearbeitet, "ist entweder ignorant oder böswillig", sagte Lötzsch.
Auch Co-Vorsitzender Klaus Ernst hat die Debatte über Kommunismus als angebliches Ziel seiner Partei für absurd erklärt. "Niemand will den Kommunismus. Weder die Linke noch Gesine Lötzsch", sagte Ernst am Montag in Berlin. Der umstrittene Aufsatz von Lötzsch, der die Debatte ausgelöst hatte, werde teilweise "bösartig falsch interpretiert", fügte er hinzu.
Ernst betonte, der Begriff "Kommunismus" tauche weder im alten noch im neuen Programm auf. "Wir wollen keine Diktatur, auch nicht die des Proletariats." Die Linke diskutiere nicht über irgendwelche "Ismen", sondern über Lösungen für die Probleme der Menschen. Die Rentner wollten nicht den Kommunismus, sondern mehr Rente. Die Arbeitnehmer wollten einen Mindestlohn, die Familien eine ordentliche Betreuung und Ausbildung für die Kinder. Dafür gebe es demokratische Mehrheiten. "Für die kämpfen wir."
Ernst sagte: "Wir stehen für den demokratischen Sozialismus." Aus der aktuellen Debatte müssten die richtigen Lehren gezogen werden. Man müsse offen miteinander über "unsere Geschichte reden". Das müsse auch im Programm an prominenter Stelle Niederschlag finden.
Die Linke wollte am Montagnachmittag in Berlin ihren politischen Jahresauftakt mit Reden von Lötzsch, Ernst und Fraktionschef Gregor Gysi bestreiten. Dabei will sie sich auf die sieben Landtagswahlen in diesem Jahr einstimmen.
Lötzsch war in die Kritik geraten, weil sie in einem Beitrag für die linksgerichtete Tageszeitung Jungen Welt geschrieben hatte, die Linke könne nach "Wegen zum Kommunismus" suchen. Sie stellte aber klar, dass sie nicht den Kommunismus, sondern den demokratischen Sozialismus anstrebe. Für ihre Wortwahl und die Auslassung der Kommunismusopfer war sie - auch in den eigenen Reihen - kritisiert worden. Lötzsch räumte in ihrer Rede am Montag ein, dass sie in dem Beitrag "zugespitzt" habe.
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