: Politischer Generalstreik in Bulgarien vorerst abgewendet
Sofia (taz/adn) — Trotz der vergifteten politischen Atmosphäre in Bulgarien wollen Opposition und Regierung ihren Dialog wiederaufnehmen. Gleichzeitig riefen Sozialisten und Opposition am Wochenende in Sofia ihre Anhänger zu Großdemonstrationen auf. Zehntausende demonstrierten im Zentrum für oder gegen die Regierung von Ministerpräsident Lukanow, nachdem erst am Freitag das Mißtrauensvotum gegen ihn gescheitert war. Dagegen ist der von den Gewerkschaften angekündigte politische Generalsteik, der heute beginnen sollte, vorerst aufgeschoben. Zu chaotischen Auseinandersetzungen kam es im Parlament, nachdem die Opposition am Freitag abend ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung durchsetzen wollte, das mit der Stimmenmehrheit der Sozialisten abgelehnt wurde. Es kam zu Rüpeleien und fast zu einer Schlägerei. Trotz dieser aufgeputschten Atmosphäre ließen die Führer beider Lager am Wochenende erstmals nach Wochen Gesprächsbereitschaft erkennen. Lukanow sagte am Sonnabend vor Journalisten, Bulgarien brauche eine Koalitionsregierung. Sein Opponent, der Vorsitzende der Union der Demokratischen Kräfte (UDK), Petyr Beron, räumte am Sonntag vormittag im Rundfunk ein, man befinde sich zwar in einer Sackgasse, müsse aber wieder wie früher miteinander reden.
Inzwischen hat die Konföderation der unabhängigen Gewerkschaften in Bulgarien, der die Mehrheit der Gewerkschafter angehören, nach Gesprächen bei Staatspräsident Shelju Shelew erklärt, daß sie einen politischen Streik ablehne. Die Gewerkschaft „Podkrepa“ zog danach ihre Drohung vom Freitag zurück.
Die Pattsituation im Parlament und auf der Straße hat mittlerweile neue außerparlamentarische Kräfte hervorgebracht. Eine Gruppe von 400 Vertretern von Privatfirmen, Wissenschaftlern und Intellektuellen Bulgariens hat in Sofia beschlossen, im Dezember einen „Busineß- Block“ zu bilden, der im gegenwärtigen politischen Chaos die Rolle eines Stabilisators übernehmen soll.
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