Politische Netzreklame: Tories übernehmen YouTube
Beim Wahlkampfendspurt am Donnerstag griffen die Tories zu einem digitalen Werbetrick: Für 50.000 Pfund platzierte Kandidat Cameron sich ganz oben auf dem populären Videoportal.
BERLIN taz | Noch ist unklar, wer die Wahl in Großbritannien wirklich gewonnen hat. Ein Gewinner steht jedoch bereits fest: Die Internet-Werbeindustrie. Politiker der großen drei Parteien investierten diesmal erstaunliche Summen ins Netz. Ganz vorne dabei war der konservative Ministerpräsidentenkandidat David Cameron, der sowieso stets versucht, sich einen modern digitalen Anstrich zu geben. Die Tories hatten auch das meiste Wahlkampfgeld gesammelt – fast 18 Millionen Pfund.
Am Wahltag kam es nun zum vorläufigen Höhepunkt in Sachen politischer Netzreklame in Großbritannien: Ein Spot Camerons übernahm die Herrschaft auf der höchst populären YouTube-Homepage. "Wählen Sie heute konservativ" stand da prominent platziert rechts oben auf der Seite. Klickte man den Spot an, lief er mit Ton. Laut den konkurrierenden Liberaldemokraten (Lib Dems) soll die Reklame für 24 Stunden insgesamt 50.000 Pfund gekostet haben. "Das wurde uns von Google auch angeboten", sagte Cat Turner vom Online-Team der Partei, die nun wohl Zünglein an der Waage im neuen britischen Parlament spielen wird.
Cameron hatte aus seiner Affinität zum Netz schon vorher keinen Hehl gemacht. So trat er bei der prominent besetzten Internet-Konferenz "TED" auf und legte dar, wie er das Internet zum Regieren nutzen wolle. So sei geplant, Budget und Ausgaben ins Netz zu stellen, um mehr Transparenz zu schaffen und Daten digital aufzubereiten, um besser regieren zu können. Dabei sei insbesondere die verhaltensbasierte Ökonomie, wie sie auch von Obama-Beratern bevorzugt wird, interessant. TED-Veranstalter Chris Anderson stellte daraufhin die Frage, ob Cameron seinen Techno-Utopismus in Zeiten des dringend notwendigen Sparens durch die britische Regierung wirklich ernst meine.
Die Wahlen in Großbritannien hatten ähnlich wie in Deutschland diesmal auch eine netzpolitische Komponente. Die Labour-Regierung will trotz massiver Proteste von Netzbürgerrechtlern so genannte "Three Strikes"-Regelungen durchbringen, die gegen Internet-Kopierer eingesetzt werden sollen. Insbesondere die Liberaldemokraten hatten sich dagegen ausgesprochen.
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