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Politische Gesinnung irrelevantNPD-Mann darf weiter kehren

Behörde darf einem rechtsextremen Bezirksschornsteinfeger nicht aufgrund der Gesinnung den Kehrbezirk entziehen, urteilt das Verwaltungsgericht.

Ein rechtsextremer Schornsteinfeger darf weiter arbeiten, entschied das Verwaltungsgericht Halle. Bild: dpa

Ein Rechtsextremist aus Sachsen-Anhalt, dem die Behörden vor zwei Jahren den Kehrbezirk entzogen haben, darf weiter als Bezirksschornsteinfeger arbeiten. Das entschied am Donnerstag das Verwaltungsgericht Halle. Damit gab das Gericht einer Klage des Betroffenen statt und bestätigte eine gerichtliche Eilentscheidung aus dem Jahr 2008.

Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt hatte vor zwei Jahren in einem bundesweit bislang einmaligen Fall Lutz Battke aus Laucha seinen Kehrbezirk entzogen, weil er als führender Rechtsextremist in der Region gilt und seit 2007 für die NPD im Kreistag des Burgenlandkreises in Naumburg sitzt. Nach Angaben des Amts soll Battke wiederholt an Veranstaltungen teilgenommen haben, bei denen an die Mörder Walther Rathenaus, Außenministers der Weimarer Republik, erinnert wurde.

Diese Aktivitäten belegten die "fehlende persönliche Zuverlässigkeit des Betroffenen" und stellten die Glaubwürdigkeit einer rechtsstaatlich handelnden öffentlichen Verwaltung infrage, so die Begründung der Behörde. Ein Bezirksschornsteinfeger handele in dem ihm zugewiesenen Kehrbezirk im Auftrag des Staates, übe dort hoheitliche Rechte aus und habe praktisch Zugang zu allen Geschäfts- und Wohnräumen, hieß es weiter. Als funktionaler Teil öffentlicher Verwaltung gehöre Verfassungstreue zu den Eignungsvoraussetzungen eines Bezirksschornsteinfegers. Der Entzug des Kehrbezirks bedeutet aus Sicht der Behörde kein Berufsverbot: Battke könne einfache handwerkliche Tätigkeiten als Schornsteinfeger weiter ausüben.

Dieser Argumentation folgte das Verwaltungsgericht nicht. Der Widerruf der Bestellung als Bezirksbürgermeister sei rechtswidrig, urteilte das Gericht. Es ist der Auffassung, dass Battke seine beruflichen Aufgaben aus fachlicher und persönlicher Sicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Seine politische Einstellung habe sich nicht auf die Berufspflichten ausgewirkt, sagte Volker Albecht, der Sprecher des Verwaltungsgerichts. "Ein Bezirksschornsteinfeger muss nicht verfassungstreu sein", so Albecht weiter. "Dafür gibt es keine gesetzliche Regelung." Aufgrund einer gerichtlichen Eilentscheidung aus dem Jahr 2008 durfte Battke bereits bis zum jetzt gefällten Urteil weiterarbeiten.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hatte das Vorgehen der zuständigen Behörde 2008 mit einem Verweis auf das sogenannte Kehrmonopol ausdrücklich unterstützt. Kehrbezirke werden vom Staat normalerweise auf Lebenszeit vergeben. Bezirksschornsteinfeger dürfen Angestellte haben, Lehrlinge ausbilden und hoheitliche Rechte ausüben.

Die Landesbehörde kann nun in einer Sprungrevision direkt vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Urteil vorgehen.

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14 Kommentare

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  • FN
    Felix Nagel

    Wie leben in einer Demokratie, ich muss ja auch mit der m. E. nach menschenverachtenden aber gesellschaftlich akzeptierten Meinung vieler FDP Mitglieder leben.

     

    Nur will ich sie nicht wählen bzw. unterstützen / engagieren müssen. Allerdings hab ich diese Wahl bei einem Monopol wohl nicht.

  • GM
    Gosig Mus

    Schornsteinfeger gehen zwar auch aufs Dach. Aber wenn das Haus keine Zentralheizung hat, betreten sie auch jede Wohnung im Haus (bei uns zb die Küche, wo eine Gastherme ist). Bevor man also einen rechtsradikalen Schornsteinfeger reinlässt, sollte man vielleicht die taz und andere Zeitungen (es soll ja noch linkere geben) und Poster verstecken, sonst ist man in den entsprechenden Regionen ggf. bekannt. Wenn ihr denkt, dass wäre paranoid, habt ihr halt einfach keine Ahnung wie die Realität in einigen Orten aussieht.

     

    Braven Bürgern, die keine politische Meinung haben und bei Nazis lieber weggucken, kann das natürlich egal sein -- denen ist ja alles egal!

     

    Gleichzeitig finde ich aber auch Gesinnungsregelungen scheisse. Schornsteinfegermonopol so wie es ist, ist sowieso bescheuert. Wenn es einen guten Grund dafür gibt, sollten die Schornsteinfeger schlichtweg verbeamtet werden. Und sonst schafft mans halt ab, gibt ja auch kein Klempnermonopol.

  • KB
    Kunduz Bunzler

    Wie sagte schon Teng:

    "Egal ob die Katze schwarz oder weiss ist - Hauptsache sie fängt Mäuse".

     

    Um ehrlich zu sein, es ist mir piep-egal ob ein brauner Schornsteinfeger den Kamin fegt, oder mir ein ehemaliger, hochrangiger Stasi-Mitarbeiter die Kohlen in den Keller trägt. (Falls es den wirklich gibt)

     

    Haben wir sonst keine Probleme?

  • T
    taktloss

    "Im Einzelfall allerdings erschreckend, so jemanden in die Wohnung lassen zu müssen."

     

    Ich glaube nicht, dass der genannte Schornsteinfeger seine politische Gesinnung ankündigt bevor er auf's Dach steigt, oder macht er vor der Haustür erstmal den Hitlergruß? Und selbst wenn er dorfbekannt ist, was passiert denn außer das er den Schornstein fegt? Verprügelt der dann auch erstmal die Asylantenfamilie die zum Kaffeetrinken auf dem Dach sitzt?

  • FI
    Fallschirmspringen ist Freisinn

    @ Leser: Jaja, Ihr neo-liberalen regelt ja auch sonst immer alles gerne "demokratisch" mit dem Geldbeutel. Pfui!

    Demokratie ist was ganz anderes, Jüngelchen! Da muss man sich ein bisschen mehr anstrengen und nicht nur immer den Staat aus allem rausnehmen und immer deregulieren.

  • PG
    Peter Glock

    Früher wäre so jemand Bayerischer Ministerpräsident geworden.

     

    - auch Nazis sind Menschen -

  • L
    Lalas

    Es ist nicht nur eine "politische Gesinnung", sondern eine Einstellung zu Menschen, zur Freiheit und zur Demokratie, die ganz klar gegen das Grundgesetzt geht!

     

    Nazis haben keine politische Meinung, sondern wollen Verbrechen auf politischer Ebene legitimieren.

  • R
    reblek

    "Der Widerruf der Bestellung als Bezirksbürgermeister sei rechtswidrig, urteilte das Gericht."

     

    Ist das nicht peinlich, dass aus dem Bezirksschornsteinfeger mitten im Text ein Bezirksbürgermeister wird. Liest eigentlich niemand die taz-Texte bevor sie der LeserInnenschaft an den Kopf geworfen werden?

  • R
    Reinhard

    Eben das ist ja das Problem: Du kannst diesen Nazi ja nichtmal aus deiner Wohnung werfen, du bist ja verpflichtet den Schronsteinfeger reinzulassen! Dank Monopol.

  • C
    christoph

    @Leser

    guter Hinweis, finde ich auch

    Ein Berufsverbot wegen Gesinnung geht gar nicht, aber was kann ich eigentlich als Privatperson machen, wenn ich keinen Nazi im Haus haben will?

  • HK
    Hardy Klag

    Da sieht man, wie unser Staat zur politischen Gesinnungsrepublik verkommen ist. Mit Abscheu nehme ich zur Kenntnis, wie Menschen, deren politischen Gesinnung nicht dem Staat gefällt diskriminiert werden. Sowas gehört vor dem Europähischen Gerichtshof für Menschenrechte, ja der ganze Radikalenerlass hier gehört dort überprüft. Da werden Erinnerungen wach, das nur der in der DDR studieren durfte, der in das dortige politische System passte. Mir braucht hier ein Politiker nichts aber auch garnichts mehr abfälliges über die SED zu erzählen. Hallo Ihr Politiker hier macht es ja genau so.

  • M
    Maldoror

    Lieber den einen oder anderen Nazi als Schornsteinfeger als eine gesetzliche Regelung zur Gesinnung.

     

    Im Einzelfall allerdings erschreckend, so jemanden in die Wohnung lassen zu müssen.

     

    Das wahre Problem liegt also eher in dem von meinem Vorredner schon angesprochenen Bereich.

  • L
    Leidkultur

    Ich hoffe, Frau am Orde verkraftet diese Entscheidung. Zu deren Beruhigung: Vielleicht ist er ja vom VS :-)

  • L
    Leser

    Einen rechten Schornsteinfeger wird die Demokratie wohl aushalten müssen. Dafür ist sie auch stark genug.

     

    Ich finde es viel schlimmer, dass es immer noch ein Monopol im Bereich Schornsteinfegen gibt. Würde dieses abgeschafft, dann könnte ja jeder selbst entscheiden, ob er einen Nazi auf dem Dach will. Aber dank neosozialistischem Rollback ist ja momentan nicht damit zu rechnen, dass der Staat sich hier beschränkt. Schade, so hätte man demokratisch mit dem Geldbeutel entscheiden können.