Politische Folgen der Stolpe-Affäre

■ Senatsrat Legermann (CDU) wurde in vorzeitigen Ruhestand versetzt. CDU-Vize Schütze fordert Rücktritt der Finanzsenatorin

Der bittere Streit in der Finanzverwaltung um den skandalträchtigen Verkauf des Stadtguts Stolpe zeitigt jetzt politische Langzeitfolgen. Der leitende Senatsrat, in dessen Verantwortungsbereich Stolpe zu einem Spottpreis verschleudert werden sollte, Abteilungsleiter Hans-Joachim Legermann, wurde mit Wirkung vom 30. September in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Nach einem Bericht der Morgenpost will er dagegen klagen.

Legermann war in der Finanzverwaltung für die Grundstücksabteilung zuständig. Im Rahmen der Verwaltungsreform wurde diese aufgelöst und in das neue Leistungs- und Verantwortungszentrum (LUV) Liegenschaften überführt. Leiter dieser Abteilung ist nun der bisherige Leiter der alten Liegenschaftsabteilung. Bereits im Januar 1996 wurde diese Neustrukturierung einvernehmlich in der Finanzbehörde beschlossen. Die Auflösung der Grundstücksabteilung setzte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) – möglicherweise als Folge der Stolpe-Affaire frühzeitig – bereits im April dieses Jahres um. Legermann stand also ohne Aufgabe da.

Eine Klage jedoch gegen die Finanzverwaltung erscheint unangemessen. Zum einen hatte sich Fugmann-Heesing nach Informationen der taz für Hans-Joachim Legermann eingesetzt, um eine neue, seiner Qualifikation entsprechende Stelle innerhalb der Verwaltung zu finden – sogar ein um Unterstützung für Legermanns Stellensuche bittenden Brief an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) von seiten der Finanzsenatorin existiert. Zum anderen aber hatte sich Legermann selbst auch um einen entsprechenden Job bei anderen Senatsverwaltungen beworben, war dort aber nicht für den jeweiligen Posten ausgesucht worden.

Pikanterweise handelt es sich bei diesen Verwaltungen um die CDU-geführten Ressorts Bauen und Wirtschaft. Denn gestern forderte der CDU-Vize Diethard Schütze, Sprecher des konservativen Kreises Union 2000, den Rücktritt von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. Unter anderem mit der Begründung, Fugmann-Heesing nutze die Verwaltungsreform, um sich mißliebiger Mitarbeiter zu entledigen, die ein anderes Parteibuch besäßen. Legermann ist Unionsmitglied.

Eine weitere Spitze richtete sich gegen den eher als liberal geltenden Staatssekretär im Finanzressort, Peter Kurth (CDU). Laut Morgenpost wird ihm aus der CDU Illoyalität vorgeworfen. Kurth, zuständig für Personalangelegenheiten, hatte die Versetzung in den Ruhestand unterzeichnet.

Volker Liepelt, CDU-Generalsekretär, bezeichnete die Äußerungen Schützes gestern als „Einzelmeinung“. Doch der Streit ist bereits am Kochen: Die SPD forderte gestern vom Regierenden Bürgermeister und CDU-Vorsitzenden ein Machtwort. Zur Personalfrage Legermann verwiesen gestern sowohl die Finanzverwaltung als auch Bauen und Wirtschaft auf die Vertraulichkeit von Personalfragen. Barbara Junge