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Politische Defizite

■ Die Nahost-Politik der EG läßt Eigenständigkeit vermissen KOMMENTARE

Angesichts eines drohenden Krieges ist jedes geplatzte Gespräch grundsätzlich eine schlechte Nachricht. Das gilt auch für die (vorläufige?) Absage Bagdads an die EG. Doch entbehren die zum Teil vorwurfsvollen Töne des Bedauerns, die am Wochenende aus Paris, Bonn, London oder Luxemburg zu vernehmen waren, nicht einer gewissen Heuchelei. Die rhetorischen Übungen Mitterrands und einiger anderer europäischen Spitzenpolitiker können nicht darüber hinwegtäuschen, daß es in der aktuellen Golfkrise eine eigenständige Politik der EG, die sich in der Substanz von derjenigen Washingtons unterscheidet, bislang nicht gegeben hat. Diese Feststellung wird auch dadurch nicht falsch, daß Bagdad sie nun als Begründung für die Ablehnung einer Reise von Außenminister Asis nach Luxemburg heranzieht. Nicht einmal zu der festen Zusage, sich für Verhandlungen über die diversen Probleme der Nahost-Region nach einem Rückzug Iraks aus Kuweit einzusetzen, konnte sich Brüssel durchringen. Es blieb bei vagen „Signalen“ für die „eventuelle“ Aufnahme von „Beratungen“. Handfeste (Militär-) Politik hingegen war die Entscheidung zur Entsendung von Streitkräften in die Golfregion durch zwei gewichtige EG-Staaten (Großbritannien und Frankreich) sowie die Nato-Entscheidung zur Entsendung ihrer mobilen Eingreiftruppe in die Türkei — eine Entscheidung, an der ja auch immerhin neun EG-Mitglieder beteiligt waren.

Eine eigenständige Nahost-Politik jenseits militärischer Eingreifoptionen hat die EG ohnehin bis heute nie entwickelt. Die einst auf dem EG-Gipfel von Venedig geschürten Erwartungen wurden nie eingelöst. Das erhöht bei den Staaten des Nahen Ostens natürlich nicht gerade das Vertrauen in die Brüsseler Vermittlungskompetenz in aktuellen Krisensituationen. Trotzdem sind hinter den Kulissen die diplomatischen Bemühungen um eine nichtmilitärische Beilegung der Golfkrise offenbar sehr viel weiter und konkreter gediehen, als die Wiederholung harscher Positionen in Bagdad und Washington vermuten läßt. Beteiligt daran sind neben den beiden Hauptkontrahenten mehrere arabische Staaten, der jugoslawische Außenminister im Namen der Blockfreienbewegung sowie, als einziger aus dem EG-Bereich, eine Ex-Berater der französischen Regierung. Vor diesem Hintergrund wirken die Versuche, Bundesaußenminister Genscher zum „Architekten“ ('Bild am Sonntag‘) einer Verhandlungslösung hochzustilisieren, geradezu peinlich. Geradezu verlogen mutet Genschers Forderung an, den „deutschen Waffenexporteuren“ müsse nun „endlich das Handwerk gelegt werden“. Dazu hätte das Außenministerium und hätte Genschers Partei in den vergangenen Jahren mannigfache Gelegenheit gehabt. Doch zumindest bis vor kurzem wurden dort Waffenexporte nach Irak, Lybien oder andere Nahoststaaten geduldet und gefördert. Kam Kritik auf, gab auch Genscher sich ahnungslos und beschimpfte die Kritiker. Andreas Zumach

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