Politik in der Coronapandemie: Parteitage auf Abruf

Die Delegiertentreffen von CDU und Linken stehen wegen der Pandemie auf der Kippe − Plan B sind teilvirtuelle Veranstaltungen.

Friedrich Merz sitz zwischen Deligierten der CDU

Good old times: Friedrich März 2019 beim Bundesparteitag der CDU in Leipzig Foto: Ralph Sondermann/imago

BERLIN taz | Dem Landkreis Esslingen wurde bislang keine große bundespolitische Bedeutung zuteil. Gerade hat sich das geändert: Nervös blicken die Strategen in der Berliner CDU-Parteizentrale zurzeit gen Südwesten.

Für Anfang Dezember planen die Christdemokraten auf dem Stuttgarter Messegelände, das zu Esslingen gehört, ihren bereits einmal verschobenen Bundesparteitag, um einen neuen Parteichef zu wählen. Doch weil der Landkreis ein Corona-Hotspot ist, steht das Delegiertentreffen auf der Kippe.

1.001 Delegierte in einer Parteitagshalle versammeln? Schwierig. Zumal Landkreis-Sprecherin Andrea Wangner von einem Infektionsgeschehen spricht, das zusehends unklarer werde: „Das Virus verbreitet sich diffus.“

Kürzlich hat der Landkreis eine Allgemeinverfügung erlassen, die Veranstaltungen mit nur noch maximal 100 Personen erlaubt. Dazu hat Baden-Württemberg jüngst die höchste Corona-Alarmstufe landesweit ausgerufen. Dennoch betont Wangner am Dienstag gegenüber der taz, dass noch keine Entscheidung über den Parteitag gefallen sei.

Als mögliche Ausweichorte gelten Leipzig und Dresden

Zwar hat die CDU längst Pläne, den Parteitag möglichst pandemieverträglich abzuhalten. Es gibt ein ausführliches Hygienekonzept, darunter Armbänder für Delegierte, die aufleuchten, wenn Abstände nicht eingehalten werden.

Zudem wurde das für drei Tage geplante Treffen bereits auf einen einzigen Tag verkürzt: Die drei Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Nobert Röttgen halten ihre Reden, und die Delegierten stimmen anschließend über die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer ab. Mehr soll nicht passieren.

Doch längst wird im Adenauer-Haus über Alternativen nachgedacht, etwa ein Ausweichen in die bisherigen Nicht-Risikogebiete Leipzig oder Dresden. Ausweg könnte auch eine teils virtuelle Veranstaltung sein − die Bewerberreden würden per Stream übertragen, und die Delegierten per Briefwahl oder über mehrere Orte verteilt per Urnenwahl abstimmen. Allerdings gibt es in der Partei Zweifel, ob das mit der Satzung wirklich vereinbar ist.

Inzwischen hat das Thema die höchste Ebene erreicht. Am Montag sagte CSU-Chef Markus Söder, dass er eine „Zusammenkunft von 1.000 Leuten in Moment nicht für vertretbar“ halte. Zwar betonte Söder, dass die CDU das allein entscheide, CDU-General Paul Ziemiak reagierte dennoch pikiert: „Ratschläge von außen sind nicht erforderlich“, sagte er. Eine Entscheidung könnte am kommenden Montag fallen: Dann wollen sich Parteivorstand und Präsidium mit dem Parteitag befassen, wie eine Sprecherin am Dienstag der taz bestätigt.

Ein zusätzlicher „digitaler Parteitag“ zum Debattieren

In einer ähnlichen Malaise steckt die Linkspartei. Ihr Parteitag ist sogar bereits für übernächstes Wochenende geplant. Auch hier geht es um eine neue Parteispitze: Die Genossen wollen die Parteilinke Janine Wissler aus Hessen und die Vertreterin des Regierungsflügels aus Thüringen, Susanne Hennig-Wellsow, wählen. Bei dem dreitägigen Delegiertentreffen in Erfurt – immerhin kein Corona-Hotspot – waren auch ausführliche Debatten um den Kurs und die Strategie für 2021 vorgesehen.

Doch auch hier deutet alles auf eine Verkürzung hin: Dann würden am Samstag im Schnelldurchlauf die Formalien und die Wahl um die Nachfolge von Katja Kipping und Bernd Riexinger abgehandelt. Beschließen will das der Parteivorstand im Laufe dieser Woche.

Zudem soll es, wie Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler am Dienstag sagte, binnen zweier Monate einen „digitalen Parteitag“ geben. So planen es übrigens auch die Grünen, die im November auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz ein neues Grundsatzprogramms verabschieden wollen − rein digital.

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