piwik no script img

Politik-Einfluss beim ZDFKrach im Fernsehrat

Eine Resolution des SPD-nahen Freundeskreises scheitert. Denn eine Reform des ZDF-Staatsvertrages sei Ländersache. Peter Frey wird trotzdem als Chefredakteur bestätigt.

Bückling vor dem Herrn? Der Intendant des ZDF, Markus Schächter (r), schüttelt die Hand des Vorsitzenden des ZDF-Fernsehrates, Ruprecht Polenz (CDU). Bild: dpa

BERLIN taz | Der politische Durchmarsch der Unionsparteien und die Bestellung von Peter Frey, dem bisherigen Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, zum künftigen Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens hat am Freitag zu heftigen Auseinandersetzungen im ZDF-Fernsehrat geführt.

Der geschasste Chefredakteur Nikolaus Brender erklärte in einem emotionalen Auftritt vor dem Gremium, wer "glaubt, angesichts der Vorgänge nach Hause gehen und Weihnachten feiern zu können, liegt falsch", berichten Teilnehmer. Brender habe sich für eine gerichtliche Überprüfung der Staatsferne des ZDF stark gemacht und Frey jegliche Unterstützung zugesichert. Unter dem Motto "Wir sind kein Regierungssender" demonstrierten vor dem ZDF-Konferenzzentrum der Redakteursausschuss und weitere Mitarbeiter.

Eine Resolution des SPD-nahen Freundeskreises, die ebenfalls eine Reform der gesetzlichen Grundlagen des ZDF forderte, scheiterte am Widerstand der im Fernsehrat dominierenden Vertreter des CDU/CSU-nahen Freundeskreises. Brender muss im März 2010 seinen Posten auf Druck der Politik räumen. Zwar sollte er nach dem Wunsch von ZDF-Intendant Markus Schächter ursprünglich für eine weitere Amtszeit auf seinem Posten bleiben. Doch der ebenfalls von der Union dominierte Verwaltungsrat der Anstalt, der hierzu sein Einvernehmen erklären muss, hatte den Personalvorschlag des Intendanten am 27. November nach einer Kampagne des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch durchfallen lassen.

Als am Donnerstagabend das Gremium erneut zusammentrat, war das Ergebnis so sicher, dass am Ende nicht einmal alle 14 ZDF-VerwaltungsrätInnen antreten mussten: Mit allen zwölf Stimmen der anwesenden Mitglieder des ZDF-Gremiums wurde Peter Frey (siehe Porträt) als künftiger Chefredakteur inthronisiert. Auf seinem Posten in Berlin folgt die bisherige Leiterin der Hauptredaktion Innenpolitik, Bettina Schausten.

Der ZDF-Fernsehrat, in dem neben PolitikerInnen die Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen sitzen, debattierte rund eineinhalb Stunden den Fall Koch. Das Gremium hatte bei seiner vorletzten Sitzung im Juli noch ausdrücklich Nikolaus Brender und damit den Personalvorschlag des Intendanten parteiübergreifend unterstützt. Am Freitag war die Gruppe, die nach dem ehemaligen Bundesverteidigungsminister und ZDF-Fernsehrat Franz Josef Jung (CDU) benannt ist, auf Linie gebracht: "Der Fernsehrat nimmt die Entscheidung des Verwaltungsrats zur Kenntnis", heißt es im mit der Mehrheit der unionsnahen Gremienvertreter angenommenen Beschluss. "Etwaige Änderungen" des ZDF-Staatsvertrages könnten "nur durch die Länder vorgenommen werden" und "sind nicht Angelegenheit des Fernsehrats".

Im vom Jung-Lager abgelehnten Resolutionsentwurf hatte es geheißen, der Fernsehrat begrüße "die Aktivitäten im Hinblick auf die Änderungen des ZDF-Staatsvertrages mit dem Ziel, die rechtlichen Grundlagen für Staatsferne und Rundfunkfreiheit sicherzustellen." "Da ist ein ungeheurer Fraktionszwang ausgeübt worden", berichtet ein SPD-naher Fernsehrat.

Dass es im Jung-Lager nicht einmal Enthaltungen gegeben habe, stehe "in eklatantem Widerspruch zur einmütigen Unterstützung von Intendant Markus Schächter und Nikolaus Brender im Juli". Einer Diskussion darüber seien die unionsnahen Fernsehräte aber ausgewichen.

"Die Jung-Truppe schwätzt sich die Welt schön", sagt auch der rheinland-pfälzische Staatssekretär Martin Stadelmaier (SPD), der ebenfalls im ZDF-Fernsehrat sitzt. Man wolle hier mit der Parole "nach vorne schauen" einfach alles verdrängen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Würde mich intessieren, ob Herrn Schächter etwas runtergefallen ist, oder ob es tatsächlich das ist wonach es aussieht.

  • W
    waldemar

    Diese Foto ist das Bild des Jahres. Besser kann man das Verhältnis zwischen Politik und Staatsfernsehen nicht darstellen.

  • M
    Martin

    Die CDU hatte bei der letzten Wahl nur 34% der Stimmen. Aber auch nicht Nicht-Wähler sind Fernsehkucker und gleichberechtigte Bürger mit Recht auf Information. Unter allen Wahlberechtigten hat die CDU nur 24%. Wenn man dann noch Vertreter der Jugend und Kinder in die Gremien schickt, für die ja auch Fernsehen gemacht wird, dann schrumpft der Anteil der CDU-Wähler unter dem Fernsehvolk auf deutlich unter 20%.

     

    Wie kann dann aber eine Mehrheit von über 50% in den Gremien aus CDU-Bücklingen bestehen? Diese Gremien sind kein Abbild der Zuschauer.

     

    Ich denke, wir brauchen uns in Zukunft nicht mehr über Italiens bzw. Berlusconis Fernsehlandschaft lustig machen.

  • JB
    Joachim Bovier

    Ich dachte bisher Roland Koch habe einen schönen Coup gegen die linkslastige Berichterstattung des ZDF geleistet, nach dem wochenlangen Gezeter des versammelten sozialistischen Gutmenschentums um Herrn Brender mus muss ich anerkennen, dass Kochs diese in Mark und Bein getroffen haben muss. Der Erfolg ist also weiter größer als vermutet. Koch schafft eben Fakten!

  • HL
    heisse luft

    das ist doch alles heisse luft und gesichtswahrung.

    wie's wirklich funktioniert haben die jüngsten gebührenvorschläge doch gerade wieder gezeigt: die länderfürsten versüssen den ö/r irrelavnz und niveaulosigkeit mit immer noch einem zuschlag und die ö/r akzeptieren die politischen bevormundung.

     

    warum sollen zdf oder ard ernsthaft schwireigkeiten machen, wenn die gefahr besteht, dass der wüste haufen an gebührentatbeständen einer plausibilitätsprüfung unterzogen würde?

     

    die gebührenpflicht für "neuartige empfangsgeräte" war doch deutlich genug für die rücksichtslosigkeit, mit der ö/r operieren und länderfürsten willfaren.

    je weniger leute die ö/r sehen wollen, desto mehr geräte werden gebührenpflichtig, das nächste wird eine 0800-nummer mit tonspur, die _jedes_ telephon gebührenpflichtig macht.

     

    für diese absurden beutelschneiderein sind die ö/r auf die politik angewiesen und sie wollen das auch gar nicht ändern.