: Polens harter Sparkurs
■ Regierung legt Gesetzespaket für Markwirtschaft vor / Weitere Teuerungen unvermeidlich / Walesa wirbt für neuen Kurs
Warschau (dpa) - Die polnische Regierung hat am Sonntag dem Abgeordnetenhaus (Sejm) ein Paket von Gesetzesentwürfen vorgelegt, mit dessen Billigung ab 1.Januar 1990 eine systemändernde Wirtschaftsreform ermöglicht werden soll. Der stellvertretende Ministerpräsident Leszek Balcerowicz appellierte an die Bevölkerung, das harte Programm zu unterstützen. Das alte System, das die Wirtschaft zersetzt habe, müsse durch die Marktwirtschaft ersetzt werden.
Nach Angaben von Regierungsmitgliedern ist im Falle der Billigung des Reformpakets 1990 ein weiteres Sinken der Realeinkommen um rund 20%, die Schließung vieler unrentabler Betriebe sowie Arbeitslosigkeit zu erwarten. In den schwierigsten ersten drei Monaten ist mit einer Preiserhöhung für Kohle und Energie um das Fünf- und Siebenfache und mit einer Inflation von mehr als 80% zu rechnen. Begleitet werden sollen die Gesetze von Maßnahmen zur Privatisierung der Wirtschaft. Die Parteizeitung 'Trybuna Ludu‘ schrieb, das Reformpaket bedeute eine faktische „Restitution des Kapitalismus“.
Die Billigung des gesamten Stabilisierungsplanes der Regierung sei Voraussetzung für Kredite des IWF, der Weltbank und westlicher Staaten, sagte Balcerowicz. Lech Walesa sprach von einer einmaligen Chance, „um das verknöcherte System“ zu ändern. Jetzt gehe es um „alles oder nichts“. Er warnte vor Unruhen und sagte, es wäre „die größte Tragödie, wenn man jetzt versuchen würde, die schwierigen wirtschaftlichen Probleme auf der Straße zu lösen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen