Polen: Unklare Zukunft für Willy-Brandt-Zentrum
Noch immer ist der Fortbestand des Willy-Brandt-Zentrums in Breslau unsicher. Die Uni-Rektoren stellen sich quer.
BRESLAU taz Noch immer ist das Willy-Brandt-Zentrum im niederschlesischen Breslau vom Aus bedroht. Eigentlich sollte gestern bei einer Pressekonferenz feierlich das Fortbestehen verkündet werden. Doch daraus wurde nichts. Die Universität Breslau und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die das gerade erst fünf Jahre alte Forschungsinstitut zu gleichen Teilen finanzieren, legten weder eine gemeinsame Erklärung vor noch traten sie gemeinsam vor die Presse. "Das Zentrum arbeitet zu schlecht", meinen Universitätsrektor Leszek Pacholski und der für den Kontakt zum DAAD zuständige Prorektor Krzysztof Nawotka.
Dabei stützen sie sich auf den Bericht einer Prüfkommision, die die Arbeit des Zentrum allerdings positiv bewertete und zum Schluss kam, dass "das Willy-Brandt-Zentrum den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen" solle, der Rektor allerdings einige strukturell-organisatorische Probleme zwischen Zentrum und Universitätsverwaltung ausräumen solle. Die Perspektiven des Forschungsinstituts seien "vielversprechend". Aufgrund dieses Bericht sagte der DAAD zu, dass er das Zentrum für weitere fünf Jahre mit jährlich 250.000 Euro unterstützen werde.
Obwohl sich Ende Juni auch der Universitätssenat eindeutig für den Fortbestand des Willy-Brandt-Instituts ausgesprochen hatte, kündigte der Prorektor dem Verwaltungspersonal des Zentrums, da "Stellen abgebaut" werden müssten. Die befristeten Verträge der zehn Historiker, Politologen, Juristen und Germanisten laufen Ende September aus. Die Rektoren verlängerten weder die Stellen noch schrieben sie neue aus. Erst müsse der DAAD ein von der Universität ausgearbeitetes Reformkonzept unterzeichnen, so Rektor Pacholski. Es gehe nicht an, führte Prorektor Nawotka vor Journalisten in Breslau aus, dass das Zentrum in Deutschland bekannt sei, in Polen aber nicht.
"Wir sind zu Reformen bereit", erklärt Dorothea Fitterling vom DAAD. Doch die Programmleiterin, die für mehrere DAAD-Zentren in der Welt zuständig ist, betont auch: "Wir haben vor fünf Jahren einen gemeinsamen Vertrag ausgearbeitet. Auf dieser Basis müssen wir weiterarbeiten. Die Stellen müssen öffentlich ausgeschrieben werden. Es kann nicht sein, dass sie einfach auslaufen und dann von den Rektoren neu besetzt werden - und sei es nur für eine Interimszeit von ein paar Monaten."
Noch liegt das Reformkonzept allerdings gar nicht vor. Der Rektor hält es geheim, da er von einer öffentlichen Diskussion über die Zukunft des Zentrums nicht viel hält. "Die Einzelheiten müssen noch mit dem DAAD abgesprochen werden." Nicht nur die Öffentlichkeit versteht die seltsame Personal- und Reform-Politik der Breslauer Universitätsleitung nicht mehr. Immer mehr Wissenschaftler in aller Welt schicken Protestbriefe an die Rektoren.
"Das Zentrum hat in den ersten Jahren seiner Existenz eine große und fruchtbare Arbeit geleistet, um seinen Platz innerhalb der Universität wie auch in der Stadt Breslau, in ganz Polen und Europa zu finden", schreibt der Warschauer Historiker Wlodzimierz Borodziej. Das sei gelungen. Der "Erfolg des Willy-Brandt-Zentrums geht maßgeblich auf seinen Gründungsdirektor Dr. habil Krzysztof Ruchniewicz zurück", schreiben gleich vier Professoren des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam. Er habe "in vielfältiger Weise als Brückenbauer in den deutsch-polnischen Wissenschaftsbeziehungen gewirkt".
Bislang haben die Proteste auf die Rektoren wenig Eindruck gemacht. Immerhin betonen sie: "Wir wollen das Willy-Brandt-Zentrum nicht schließen." Und: "Wir sind nicht antideutsch."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!