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Pol Pot lebt – Journalist als Zeuge

■ Der Sender der kambodschanischen Roten Khmer meldet die Verurteilung des „Bruder Nr. 1“ zu lebenslanger Haft

Bangkok (taz) – Zum ersten Mal seit achtzehn Jahren hat ein unabhängiger Zeuge den berüchtigten „Bruder Nr. 1“ der Roten Khmer gesehen. Der amerikanische Journalist und Kambodscha- Experte Nate Thayer war am vergangenen Freitag mit einem Kameramann im Guerillastützpunkt Anlong Veng nahe der kambodschanischen Grenze. Dort konnte er nach Angaben seines Verlages beobachten, wie Pol Pot in einem Schauprozeß von seinen ehemaligen Genossen verurteilt wurde. Weitere Einzelheiten wollte der Journalist nicht bekanntgeben, bevor sein Bericht in der Hongkonger Zeitschrift Far Eastern Economic Review erschienen ist.

Am Samstag hatte der Untergrundsender der Roten Khmer erstmals berichtet, „Tausende Menschen“ hätten Pol Pot, unter dessen Herrschaft zwischen 1975 und 1979 mehr als eine Million KambodschanerInnen starben, wegen seiner „schweren rebellischen Taten“ gegen „Volk und Patrioten“ zu lebenslanger Haft verurteilt. „Es gibt nun keine Bewegung der Roten Khmer mehr, nicht nur in Anlong Veng, sondern im ganzen Land“, verkündete General Khan Nun über den Sender. Was in dem abgeschotteten und verminten Anlong Veng tatsächlich vor sich ging, liegt noch im dunkeln. Wer hat das Tribunal gegen Pol Pot organisiert? Wer gehört zu der „Clique“, die angeblich ebenfalls verurteilt wurde? Auch die Verurteilung ist völlig untypisch für die Organisation: Bislang wurden „Verräter“ schnell hingerichtet. Ist dies nun das Ende der Gruppe? Keine dieser Fragen ist bisher beantwortet. Die Verhandlungen mit dem früheren „Staatschef“ der Roten Khmer, Khieu Samphan, hatten unter anderem zum Putsch in Phnom Penh und Sturz von Premier Prinz Ranariddh geführt. li

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