: Pokorny: „Panische Angst vor der Kiste“
■ Auszüge aus einem taz–Interview und diversen Selbstdarstellungen
Günter Pokorny (32) wurde in Recklinghausen als Sohn eines Bergmannes geboren. Nach acht Jahren Schule machte er bald Bekanntschaft mit Erziehungsheimen, Drogen und Knast. Drei Jahre nach seinem Einstieg in die linke Wuppertaler Szene wurde Pokorny 1982 zusammen mit zehn anderen Personen wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt. Am 18.9.84 erwischten Grenzer den Vorbestraften mit 200 Gramm Haschisch. In Untersuchungshaft und in Erwartung einer mehrjährigen Strafe belastete er „eiskalt“ seine Ex–Genossen, von denen er sich lange vorher getrennt hatte. Pokorny nannte Namen und stützte die Theorie der „Antifa– Gruppe“. Hafterleichterungen, kleine Geldgeschenke und vage Versprechen von Verfassungsschützern sowie LKA–Beamten machten ihn geschwätzig, „einfach um die Geschichte interessant und größer zu machen“. Konkrete Arbeit für den Verfassungsschutz wurde nicht vereinbart. Nach vier LKA– Verhören konnte Pokorny das Gefängnis verlassen, eine Bewährung wurde nicht widerrufen, alte Verfahren eingestellt. Anlaß für „meine Kollaboration“ seien „panische Angst vor der Kiste“ sowie „Rache und Wut“ gegen Einzelne aus der Szene gewesen. Diskussionen über seinen Ausstieg aus (politischen) Zusammenhängen „blockte ich ab, weil ich es nicht erklären konnte, sondern nur fühlte, das ist nicht meine Sache“. Über die daraus resultierende Isolation Pokornys war das LKA genauestens informiert. Gleich nach der Verhaftung 84 „kamen sie mir moralisch. In den Augen der anderen Angeklagten sei ich ja sowieso der letzte Arsch und Schläger und was mich überhaupt mit diesen Leuten verbinden würde. Das traf bei mir ins Schwarze. Sie packten mich an allen schwachen Punkten, die ich hatte. Sie hatten mich an der Angel, und ich machte Aussagen so auf blauen Dunst.“
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