Podemos-Parteitag in Madrid: Der Ruf nach Einheit
Es gibt Streit um die Zukunft der gerade einmal drei Jahre alten Partei. Die Sorge um die Einheit ist vielen Teilnehmern des Parteitages anzumerken.
„Pablistas“ gegen „Errejonistas“. Das ist der Streit um die Zukunft der gerade einmal drei Jahre alten Partei. Vereinfacht auf den Nenner gebracht geht es um die Partei als Teil eines breiten Linksblocks, oder um eine transversale Podemos. Eine Partei, die stark auf Widerstand und Mobilisierung der Zivilgesellschaft setzt, oder um eine Podemos, die Politik in den Institutionen macht.
Auf den Parteitagsreden konnte nur, wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag, die Unterschiede der beiden Kontrahenten ausmachen. Iglesias redete von einer transversalen Partei, „die in nichts“ den anderen Parteien ähnelt. Errejón von „einer Podemos ohne Etiketten“, die in der Lage ist, die soziale Basis auszubauen und in der jeder, egal woher er kommt, willkommen ist.
Der Parteitag gleicht einem großen Meeting, in dem einer nach dem anderen auftritt – offiziell um Programme und Kandidaturen zu verteidigen. Doch sowohl Iglesias als auch Errejón hielten Reden als wären sie auf einem der zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen der letzten zwei Jahre. Alle beteuerten immer wieder, alles daran zu setzten, um Spaniens konservative Regierung der Partido Popular (PP) von Mariano Rajoy, die nur wenige Kilometer weiter ihren Parteitag abhielt, zu besiegen.
Entscheidungen werden online getroffen
Podemos „Bürgerversammlungen“ sind keine Parteitage herkömmlicher Art. Es wird nicht debattiert und es wird nicht abgestimmt. Die Entscheidungen fallen online. Im Web wählen seit einer Woche die über 450.000 Eingeschriebenen die politischen und organisatorischen Grundlagen für die nächsten Jahre und ihre Vertreter für den Parteivorstand. Auch der Generalsekretär wird gewählt, doch hier hat Iglesias nur einen völlig unbekannten Herausforderer. Errejón stellt sich nicht. Es könnte knapp werden. Das scheint zumindest Iglesias zu befürchten. Denn er droht mit Rücktritt und Niederlegung des Parlamentsmandats, falls seine Dokumente nicht gewinnen und seine Liste nicht die Mehrheit im neuen Parteivorstand habe. Abgestimmt wird noch bis Samstag 20 Uhr. Das Ergebnis wird am Sonntag um 14 Uhr in Vistalegre bekanntgegeben.
Die Sorge um die Einheit ist nach den harten Debatten der vergangenen Wochen vielen Teilnehmern anzumerken. „Ich verstehe das alles nicht“, gesteht Pablo Susinos. Der 52-jährige Bibliothekar aus einem Dorf bei Santander gehört dem regionalen Parteivorstand in Kantabrien an. „Der Konflikt ist sehr madrilenisch“, ist er sich sicher. In den Provinzen sei davon wenig zu spüren. Er selbst hat gemischt gewählt. „Die besten der drei wichtigsten Listen“ – der von Iglesias, der von Errejón und der trotzkistisch beeinflussten Antikapitalisten.
Pilar Vaquero (52), Beamtin aus Madrid, hat sich im Streit auf eine Seite geschlagen, auf die der „Pablistas“. Sie sieht in Iglesias Politik die Chance, „Wechsel in der Gesellschaft herbeizuführen“. Sie gehört zu „Vamos“ („Auf geht's“), der Podemos-Unterorganisation, die soziale Proteste organisiert, beispielsweise gegen die Energieversorger wegen der Abstellung der Stromversorgung bei bedürftigen Familien. „Einheit ja, aber keine falsche Einheit“, will sie ab Montag. Wer verliert, müsse sich unterordnen.
„Wenn unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck gebracht werden, ist es nötig, zuzuhören“, mahnt Mar Mas. Die 50-jährige Kapitänin ist LGTBI-Aktivistin und kandidiert als Vertreterin einer Basisversammlung – Círculos – um einen der vier Sitze im Parteivorstand. Diese wählen die aktiven Mitglieder aus den Círculos und die Anwesenden in Vistalegre. Mas hat die Liste Errejón gewählt, weil Politik in den Institutionen nötig sei, um Vertrauen bei den Menschen zu schaffen. Vertrauen darauf, dass Podemos in der Lage ist, Spanien zu regieren. Mas mahnt: „Wir müssen uns wieder zusammenraufen, denn wir haben eine große Verantwortung. Wir müssen Schluss machen mit der sozialen Ungerechtigkeit, der Korruption, der Regierung der PP und einer Sozialdemokratie, die keine ist.“
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