Podcastkritik „schon gehört?“: Instagram zum Anhören
Promipodcasts sind oft so wie die Podcasts von früher, vor dem Hype: im Prinzip belanglos. So auch „Ja, ja, nee nee“ von Stuckrad-Barre und Bauer.
Was vor einer Internetdekade, also vor etwa zwei Jahren, noch Instagram war, sind heute Podcasts. Wer etwas auf sich hält, erzählt regelmäßig in ein Mikrofon hinein, wie es ihr oder ihm gerade so geht und was sie oder er so zu diesem und jenem denkt. Dieses Prinzip trifft natürlich nur auf einen Teil von Podcasts zu, aber immerhin auf eine wachsende Sparte: die Promi-Podcasts.
Charlotte Roche hat einen, Palina Rojinski auch, Katrin Bauerfeind, Oliver Polak, Micky Beisenherz, Jan Böhmermann und Olli Schulz ja sowieso. Das neueste Promi-Podcast-Duo sind Jasna Fritzi Bauer und Benjamin von Stuckrad-Barre. Sie: 30, Schauspielerin („Axolotl Overkill“). Er: 49, Provokateur, Journalist, Autor („Soloalbum“, „Panikherz“).
„Ja, ja, nee, nee“ heißt der Podcast, in dem Bauer und von Stuckrad-Barre eine gute Stunde über die banalen Fragen des Alltags reden: Gehst du aus? Sollte man an einer Bar stehen oder sitzen? Wie viel Prozent Akkuladung hat dein Handy noch? Was ist der Unterschied zwischen Limetten und Limonen? Gehst du ans Telefon, wenn es klingelt?
„Ja, ja, nee, nee“ ist also in gewisser Weise ein Ur-Podcast, einer, der dem Prinzip entspricht, mit dem die ersten Podcasts Anfang der 2000er gestartet sind: Menschen quatschen. Meist nicht besonders stringent, dafür detailreich und banal. Früher saßen in diesen „Laberpodcasts“ irgendwelche Leute, die Bock und Technik zum Podcasten hatten, heute sitzen dort vor allem Promis.
Einigkeit und Rechthaben und Freiheit
Das kann gut funktionieren, wie „Paardiologie“ zeigt, wo Charlotte Roche und ihr Ehemann Martin Keß über ihre Beziehung, Sex und Treue, Männer und Frauen reden.
„Ja, ja, nee, nee“ von Bauer und Stuckrad-Barre erreicht so ein Niveau allerdings nicht einmal annähernd. Nicht, weil die beiden nicht über Intimes reden, sondern weil sie an Belanglosigkeit kaum zu übertreffen sind. Der Podcast sei ein Angebot für „Freunde des intelligenten Dialogs“, hatte Spotify angekündigt, gemacht von „zwei Querdenkern ihrer Generationen“. Dabei zeigt sich nach den ersten Folgen, dass die beiden so quer gar nicht denken.
In vielem sind sie sich sehr einig: Ausgehen – super. Menschen, die in der Büro-Küchen ihren Namen auf ihren Joghurt schreiben – schlimm. Aktenvernichter – toll. Hochzeiten – furchtbar. Die beste Zeit zum Taxifahren: zwischen Mitternacht und eins.
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Und: Für die eigene Familie muss man sich schämen. Immer.
Die meisten dieser Urteile stammen von Stuckrad-Barre, Bauer pflichtet ihm meist bei. Nun könnte man einwenden, dass es bei Stuckrad-Barre noch nie um die große Erkenntnis ging. Er ist Schriftsteller, Theatermacher, Egozentriker, mit einem provokant-weirden Blick auf die Gegenwart.
Podcasts können intim sein – müssen aber nicht
Wenn er also behauptet, sein Schreibtisch sehe aus wie ein Drogenklo, dann könne man das doch mit ein bisschen Ekel als Witz hinnehmen. Das Problem ist nur, dass die Mischung aus Hedonismus und Zynismus, mit der er und Bauer die Welt beschreiben, so erwartbar und banal geworden ist. Sie gehören heute zum Repertoire vieler Großstadt-People, die – klar – ihr Leben nicht 9-to-5 vergeuden. Denen Überheblichkeit und „Mir alles scheißegal“-Haltung zum Motto geworden sind.
„Ja, ja, nee, nee“ erscheint seit Mitte August immer mittwochs bei Spotify.
Das zumindest ist das Bild, das Stuckrad-Barre und Bauer von sich entwerfen. Ob es stimmt, keine Ahnung. Denn auch das gehört nach „Ja, ja, nee, nee“ zur Erkenntnis über den Promi-Podcast: Podcasts können ein extrem intimes Medium sein, müssen sie aber auch nicht. Sie sind eben nicht, wie oft behauptet wird, eine digitale Form von Radio.
Sie sind ein weiteres soziales Netzwerk. Instagram zum Anhören quasi. Und jetzt raten Sie mal, was sie auf den Instagram-Profilen von Stuckrad-Barre (32.000 Abonnenten) und Bauer (24.6000 Abonnenten) zu sehen bekommen.
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