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Plutonium in der Baracke

Strahlengift in kleinen Dosen findet sich überall in Neufünfland / Bund und Länder streiten sich um Entsorgung des Plutoniums  ■ Aus Magdeburg Eberhard Löblich

Magdeburg (taz) – Sie sehen unscheinbar aus, fast wie kleine Filmdosen aus Metall, aber sie bergen einen hochbrisanten Inhalt. Die kleinen Metalldöschen enthalten eine hochgiftige Mischung aus Plutonium und Beryllium. Schon seit der Wende liegen solche Strahlenquellen mehr oder weniger ungesichert in Betrieben und Instituten nicht nur in Sachsen-Anhalt herum. Jetzt aber haben die Döschen zu einem massiven Streit zwischen Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und seinen Amtskollegen aus den ostdeutschen Ländern geführt. Denn Töpfer ist der Meinung, daß die brisanten Kapseln radioaktiver Abfall sind; ihre Beseitigung also Ländersache ist. Die Umweltminister der neuen Länder halten die brisante Altlast wegen ihres Plutonium-Gehaltes dagegen für Kernbrennstoff, für dessen Entsorgung der Bund zuständig ist.

239 Rauchmelder aus sowjetischer Produktion, die das radioaktive Gemisch in Milligramm-Mengen enthalten, lagern in verschiedenen Betrieben Sachsen-Anhalts. Nach Angaben aus dem Umweltministerium gibt es weitere 51 Plutonium-Kapseln in Meßgeräten der Bauwirtschaft, in geologischen Meßsonden, aber auch in Nachtsichtgeräten der Volkspolizei und in radiologischen Aufklärungsgeräten der NVA. Bis zu 50 Gramm Plutonium wartet dort auf eine Entsorgung. So viel will auch die Braunschweiger Nuklearfirma Amersham-Buchler nicht entsorgen, die in Speziallabors den Inhalt der Rauchmelder unschädlich machen will.

Zusätzliche 21 Plutoniumquellen mit jeweils 13 Gramm Plutonium hat man auf dem Gelände des ehemaligen Kombinatsbetriebs Bohrlochmessungen in Gommern entdeckt. Nach Informationen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) nur unzureichend gesichert. Diese Information trug dem MDR jetzt eine Gegendarstellung ein. Die Kapseln aus Bohrloch-Meßsonden seien nach DIN-Norm verwahrt. Die verlangt aber nur eine Stahltür. Und die ist tatsächlich in der ehemaligen Bürobaracke in DDR- Leichtbauweise installiert.

Auch das Magdeburger Umweltministerium spielt die Sache herunter. Die Plutonium-Beryllium-Quellen in Sachsen-Anhalt seien ordnungsgemäß gelagert und werden bis Ende des Jahres in ein Zwischenlager überführt, teilte das Ministerium mit. Die Frage der endgültigen Entsorgung liege dann beim Bund. Der ist aber – siehe oben – nach wie vor anderer Meinung. Schwarzer Peter mit hochbrisanten Karten.

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