Plutonium auf der Autobahn: "Absolut unbeherrschbar"
Um das AKW Grohnde zu versorgen, drohen NRW Transporte von hochradioaktiven Mischoxidbrennelementen. Eon hat bereits einen entsprechenden Antrag eingereicht.
BOCHUM taz | Mit tödlicher Fracht beladen, könnten schon im März Lkws mitten durch West- und Norddeutschland rollen. Um den Brennstoffnachschub für das AKW Grohnde zu sichern, hat der Atomkonzern Eon beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den Transport hochradioaktiver und hochgiftiger Mischoxidbrennelemente beantragt, die aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield stammen. "Wir prüfen einen solchen Antrag", bestätigte eine BfS-Sprecherin der taz.
Nach Informationen der Anti-AKW-Bewegung enthalten diese MOX-Brennelemente bis zu 400 Kilogramm Plutonium, dass bereits in Milligrammdosen tödlich wirkt. Angelandet werden soll das Gift in einem belgischen Hafen - um das an der Weser liegende AKW Grohnde zu erreichen, führen die Transportrouten dann durch die Ballungsräume des bevölkerungsreichsten Bundeslands NRW. Die rot-grüne Landesregierung Bremens hatte eine Einfuhr über die Häfen ihres Bundeslands zuvor gestoppt.
Auch Rot-Grün in NRW müsse jetzt ein Verbot durchsetzen, fordern Atomkraftgegner wie etwa Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg. "Die Atomkatastrophe von Fukushima hat gezeigt, dass MOX-Brennelemente absolut unbeherrschbar sind", sagt Eickhoff. Außerdem sei Plutonium zum Bau von Atombomben nutzbar.
"Autobahnaktionstag"
Kritik kommt auch von den NRW-Grünen. "Plutonium hat auf den Straßen grundsätzlich nichts zu suchen", sagt deren atompolitischer Sprecher im Düsseldorfer Landtag, Hans-Christian Markert. Nötig sei ein Ende der Wiederaufbereitung. Als Dienstherr des BfS sei jetzt Bundesumweltminister Norbert Röttgen gefordert, der auch Landesvorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen ist.
Die Antiatomkraftbewegung mobilisiert am heutigen Samstag mit einem "Autobahnaktionstag" an sechs Standorten in ganz NRW gegen den Atomtourismus. In der Kritik stehen auch Castortransporte vom ehemaligen Atomforschungszentrum Jülich ins Lager Ahaus. Rot-Grün in NRW stuft die als überflüssig und gefährlich ein.
In Ahaus gebe es keine "heiße Zelle", die Reparatur defekter Behälter wäre dort nicht möglich, heißt es in einem Brief von Landesforschungsministerin Svenja Schulze (SPD) an ihre CDU-Bundeskollegin Annette Schavan, der der taz vorliegt. Schavan hatte zuletzt Kompromissbereitschaft signalisiert. "Rot-Grün in Düsseldorf kann Atomtransporte verhindern", glaubt deshalb Atomkraftgegner Eickhoff - "wenn es gewollt ist".
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung