: „Platzverweise überall“
■ Jan-Hinrich Fock, neuer SPD-Fraktions-Chef in Mitte, stellt sein Programm vor
Keine Angst. Die SPD in Hamburg-Mitte, neben Wandsbek die Rechtsauslegerin unter den sozialdemokratischen Bezirksverbänden, bleibt auch mit neuem Fraktionsvorsitzenden ihrem Kurs treu. Gestern stellte Jan-Hinrich Fock, neuer Frontmann der letzten Hamburger SPD-Fraktion mit absoluter Mehrheit im Bezirksparlament, sich und die zukünftigen Arbeitsschwerpunkte seiner Partei vor. Unüberhörbar dabei: mehr markige Worte als fortschrittliche Töne.
Stichwort Drogen in St. Georg: Zwar will Fock die Verlagerung des „Drob Inn“ und daneben einen weiteren Fixerraum in St. Georg einrichten und bekennt sich auch zur von Hamburg geforderten Heroin-Freigabe. Allerdings „bejaht“ er auch vorbehaltslos die „Politik der Platzverweise“ im Rahmen des „Handlungskonzepts St. Georg“.
Daß diese dazu geführt haben, daß ein Teil der Drogenszene ins Schanzenviertel abgewandert ist, erfüllt Fock zwar „mit Sorge“, aber eine Lösung hält er schon bereit: „Wir brauchen Platzverweise in ganz Hamburg.“ Da „alle Dealer potentielle Mörder“ seien, will er „kein repressionsfreies Viertel“.
Bleibt die Frage: Wo sollen die Suchtkranken den dringend benötigten Stoff bekommen, solange Heroin nicht freigegeben ist und Therapieplätze knapp sind? Und: Wie will Fock verhindern, daß die von ihm geforderte Säuberungswelle gegen Drogenverkäufer nicht dazu führt, daß der knapper werdende Stoff gestreckt wird – tödliche Gefahr für alle Junkies?
Stichwort Bauwagenplätze: BauwagenbewohnerInnen – nicht gerade am oberen Ende der sozialen Leiter angesiedelt und von Obdachlosigkeit bedroht – stellen für Fock eine „soziale Unsymmetrie“ her, indem sie sich „mit einer Art sozialem Faustrecht Rechte hinausnehmen, die andere nicht haben“.
Fock warnt vor „weiteren Privilegierungen“ der Bauis und vor einem „zu großen Flächenverbrauch“ durch diese Lebensform. Merke: Wer sich in Zeiten der Wohnungsnot selber hilft, handelt asozial, wer in der City einen Bruchteil der Fläche eines Reihenhauses verbraucht, unökologisch.
Deshalb will Fock die „Auflösung“ des Bauwagen-Platzes an der Vorwerkstraße (Karo-Viertel). Ziehen die BauwagenbewohnerInnen bis Ende März nicht weiter, so Fock ultimativ, „muß geräumt werden“.
Marco Carini
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