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Archiv-Artikel

HAMBURGER SZENE VON EMILIA SMECHOWSKI Platt gemacht und vergessen

Nur die Radfahrer fahren ein kleines S um den Kadaver herum, mit einem „Iiihh“ im Gesicht

Den Wettkampf mit dem Auto hat der Igel klar verloren. Seit sieben Tagen liegt er schon auf dem Asphalt, am rechten Rand der Augustenburger Straße, Höhe 43b. Kurz bevor die Straße eine scharfe Linkskurve nimmt, in Sichtweite der meterhohen Bierkästen-Türme, auf dem Getränkemarkt-Gelände. Eine eher menschenleere Gegend, das Tempolimit wird konsequent überschritten.

Den Igeltod hat wohl ein Auto zu verantworten. Vielleicht aber auch ein Lastwagen. Dann war in der Fahrerkabine wohl nur ein kleines Holpern zu spüren, wenn überhaupt. Von Tag zu Tag nun wird der Igel platter, Regengüsse, Sonnenstrahlen und unzählige Autos haben seinen Körper dem Straßenbelag fast gleichgemacht.

Ein bisschen erinnert er an eine platt gefahrene Uschanka, die puschelige Russenmütze, lediglich das Stachelkleid verrät sein ausgelöschtes Igelleben. Wie ein Mahnmal liegt er da, ein ungesehenes „Achtung, Igel!“. Nur die Radfahrer fahren ein kleines S um den Kadaver herum, mit einem „Iiihh“ im Gesicht. Keiner von ihnen hält an. Dabei sind sie nicht mal schnell genug, um das tote Tier zu übersehen.

Sein Kopf zeigt Richtung Straßenrand, er war fast angekommen. Sein Ziel: Die karge Grünfläche? Das erste Gebüsch vielleicht? Es fehlte ein halber Meter. Ruhen in Frieden sieht anders aus.