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Plädoyer für freiere Kunst in China

Peking (AFP) - Zum ersten Mal seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung im Juni 1989 hat sich ein hochrangiger KP- Führer in China für die Lockerung der Zensur und einen Rückzug der Politik aus der Kunst ausgesprochen. „Die Hauptaufgabe der Kunst ist es, die wachsenden kulturellen Bedürfnisse des Volkes zu befriedigen“, sagte nach einer Meldung der Pekinger Volkszeitung Li Ruihuan, eines von sechs Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des KP-Politbüros, des höchsten Führungsorgans der KPCh.

„Wir haben versucht, jedem Werk eine Aufgabe in der politischen Bildung zuzuweisen, aber wir müssen zugeben, daß das unmöglich ist“, sagte Li den Angaben zufolge am Montag auf einem Künstlerfestival in der inneren Mongolei. Wie das Blatt in seiner Dienstagausgabe weiter berichtet, forderte Li, kein Kunstwerk zu verbieten, das nicht gegen die Verfassung und die Gesetzgebung Chinas verstoße. Unter dem Einfluß einer „linksgerichteten Ideologie“ hätten viele Menschen lange Zeit vorgefaßte Ideen über die Aufgabe der Kunst gehabt.

Es war das erste Mal, daß ein KP- Funktionär sich öffentlich für eine größere Freiheit der Künste einsetzte, nachdem die Armee in der Nacht zum 4.Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking ein Massaker an Demonstranten verübt hatte, die die Einführung von mehr Demokratie in ihrem Land gefordert hatten.

Seitdem baute die kommunistische Führung auf Betreiben Deng Xiaopings, des starken alten Mannes von China, zwar marktwirtschaftliche Elemente in die Wirtschaft ein, lehnte die Einführung politischer Reformen aber strikt ab. Die Rede Lis, der als Anhänger Deng Xiaopings gilt, wurde am Dienstag von der gesamten chinesischen Presse aufgegriffen. Nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung wurde die Repression der Künstler in China verstärkt.

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