Piraten in Berlin: Mitmachnetz gefordert
Die Piraten wollen Volksbegehren künftig auch online unterzeichnen lassen.
Nach dem Willen der Piratenfraktion sollen Volksinitiativen und -begehren online unterzeichnet werden können. Ein Gesetzentwurf liegt in den Ausschüssen des Abgeordnetenhauses zur Beratung. "Wir wollen es den Berlinerinnen und Berlinern erleichtern, sich an der Arbeit des Parlaments zu beteiligen", begründet der Abgeordnete Simon Weiß den Vorstoß.
Wer sich politisch Gehör verschaffen will, kann derzeit auf verschiedenen Wegen Anträge ins Parlament einbringen: Mit einer Petition beschäftigt sich nur der Petitionsausschuss. Eine erfolgreiche Volksinitiative ermöglicht es den Initiatoren, ihr Anliegen im Parlament vorzustellen. Ein erfolgreiches Volksbegehren dagegen führt zu einem Volksentscheid, bei dem alle Berliner Wahlberechtigten über den Gesetzentwurf entscheiden dürfen.
Die Piraten wollen, dass bei allen drei Wegen künftig die Unterzeichnung im Netz möglich ist. Der Gesetzentwurf sieht das zwar bei Volksbegehren noch nicht vor, aber hier werde nachgebessert, versichert Weiß. Auch die Hürden für Volksinitiativen wollen die Piraten senken. Derzeit braucht es 20.000 Unterschriften, damit sich das Parlament mit dem Anliegen befasst. "Völlig unverhältnismäßig", findet Weiß. Die Piraten wollen das Quorum auf 2.500 Unterschriften senken. Beim Online-Petitionssystem des Bundestags reichten ja auch 50.000 Unterschriften aus ganz Deutschland.
Lob kommt vom Verein "Mehr Demokratie": Als "sinnvolle Idee" bezeichnet der Vorsitzende Michael Efler den Vorschlag. Auch die Grünen sind nicht abgeneigt: "Wir stehen dem sehr offen gegenüber", so Vizefraktionschef Stefan Gelbhaar. Die Reform könne mehr Menschen in politische Prozesse einbinden. Probleme sieht Gelbhaar bei der Umsetzung. Die elektronische Signatur im Zusammenhang mit dem neuen Personalausweis biete eine technische Lösung, "aber die ist noch ein Nischenprodukt."
Einmal offline registrieren
Das sieht auch Weiß so und schlägt daher einen anderen Weg vor: Wer online mitzeichnen will, müsse sich einmalig auf einem Amt registrieren und könne dann künftig ohne weitere Wege online unterschreiben. Wenn es aber nach einem erfolgreichen Volksbegehren zum Volksentscheid kommt, sollen die Wähler auch weiterhin in die Wahllokale gehen - denn das Verfahren müsse gleichzeitig nachvollziehbar und anonym sein.
Kritik kommt dagegen von Rot-Schwarz. "Die Anträge sind so unausgegoren, dass man ihnen nicht zustimmen kann", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Thomas Kleineidam. Schon die Überschrift passe nicht zum Inhalt des Antrags. Doch auch wenn die Anträge den Vorstellungen der Koalition entsprechen würden, wäre eine Zustimmung unwahrscheinlich: SPD und CDU haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Abstimmungsgesetz in der laufenden Legislaturperiode nicht zu ändern. "Wir wollen eine Wahlperiode abwarten", sagt Kleineidam. Dann könne man über Veränderungen reden.
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