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Pinchas Zukerman im Spar-Gang

Als der große Geiger Nathan Mielstein jüngst gestorben war, hatte jemand die gute Idee, das Interview, das der Geiger Pinchas Zukerman mit ihm geführt hatte, zum Gedenken noch einmal zu senden. Die beiden saßen in einem teuren New Yorker Hotel, sprachen über die großen und kleinen Tricks der großen Geiger und lobten dabei die wunderbaren Spaghetti einfachster Machart, die sie dazu aßen. Ein amüsanter Film.

Jetzt ließ sich Zukerman mit seinem Duo-Partner Mark Neigrug zu einem Sonatenabend in der Musikhalle hören, und ich sah immer Nathan Mielstein vor mir, wie er, frisch auferstanden, seinem israelischen Kollegen die exzellenten Spaghetti an den Kopf warf.

In der typischen Kräfte-Spar- Gangart alternder Tennisstars kam Zukerman auf die Bühne, in der nämlichen Gangart spielte er sein Programm. Wahrscheinlich sind dreißig Jahre Konzertleben in immer den gleichen Sälen mit immer den gleichen Noten einfach zu viel für einen Musiker wie Pinchas Zukerman. Jedenfalls machte er an diesem Abend den Eindruck, als wäre ihm schon der Weg aus dem Vier Jahreszeiten, den Dammtorwall hoch zum Karl-Muck-Platz zu mühselig gewesen.

Sebastian Bachs Dur-Sonate zu Beginn war schlicht inakzeptabel, so konturlos abgedunkelt, kaffeehausromantisch geigte Zukerman sie herunter. Kaum besser Beethovens A-Dur Sonate, op. 30/1, die er unengagiert und ohne Lust abtat. An einigen Stellen spielte der Israeli – für die Verhältnisse eines renommierten Violisten – erstaunlich unsauber. Und egal ob forte oder piano, spiccato oder legato – die Mittel setzten sich nicht um , es entstand weder Bedeutung noch Sinn, nicht einmal Effekt, es war einfach langweilig.

Nach der Pause folgt mit dem „Duo“ von Begleiter Neigrug ein nettes Stückchen Musik, aufregend sowenig wie eigentlich nötig.

Bei der abschließenden A-Dur Sonate von Cäsar Franck dann wenigstens so etwas wie Leben in der Musik. Freilich übertünchte Zukerman auch hier die Linien dick mit Vibrato, schmierte bei Lagenwechseln üppig und drehte in den Forte- Kantilenen mächtig auf. Ein Abend für die Katz. Und doch: Renate hat es gefallen! Stefan Siegert

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