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Pilot-Koalition scheitert an Pflüger-AusBerlin wird nicht Jamaika

Die Berliner Fraktion hat Pflügers mit zwei Dritteln der Stimmen abgewählt. Damit rückt auch sein Projekt "Schwarz-Gelb-Grün" in weite Ferne. Der Republik entgeht ein politisches Pilotprojekt.

Das Spiel ist aus: Friedbert Pflüger nach der Abwahl. Bild: reuters

BERLIN taz Zumindest einen Menschen macht Friedbert Pflüger in diesen Tagen glücklich: Klaus Wowereit (SPD). Indem der Berliner CDU-Fraktionschef und seine Parteifreunde einander erfolgreich demontieren, schwindet die letzte Gefahr für die Macht des Regierenden Bürgermeisters. Diese Gefahr trug bislang den Namen "Jamaika-Koalition". Vor ihr muss sich der rot-rote Senat auf absehbare Zeit nicht mehr fürchten. Gleichzeitig verlieren die Befürworter von Schwarz-Gelb-Grün im Bund ihr einziges Hoffnungsprojekt.

Denn am Donnerstagvormittag hat die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus exekutiert, was sich schon seit Tagen abzeichnete: Mit einer Stimme mehr als der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit der Stimmen wählten sie Pflüger als Fraktionschef ab. Nur zehn von 37 Abgeordneten stimmten für ihn: Das ist nicht nur eine Abwahl, das ist eine Demontage.

Dabei spricht eigentlich viel dafür, dass Berlin das Zeug zum politischen Laboratorium der Republik hat. Laut einer Infratest-Umfrage vom Wochenbeginn sagen 65 Prozent der dortigen CDU-Anhänger, dass Pflüger die Partei durch das Werben für ein Bündnis mit FDP und Grünen in die richtige Richtung geführt habe. Bei den FDP-Anhängern ist Pflügers Kurs noch populärer: Er wird dort von 79 Prozent unterstützt. Bei den Grünen sind es immerhin 54 Prozent. Selbst unter der Gesamtheit der Berliner, also inklusive SPD- und Linke-Befürworten, wird Pflügers Kurs von 47 Prozent unterstützt, 40 Prozent finden ihn eher falsch.

Doch Friedbert Pflüger hat es nicht vermocht, dieses Wohlwollen in gute Umfragewerte für sich und seine Partei umzusetzen. Daran trägt er auch selbst Schuld. Pflüger verschmähte den unglamourösen Job als CDU-Landeschef, als er 2006 Spitzenkandidat wurde. Damals wackelte der Posten des Landesvorsitzenden Ingo Schmitt. Doch Pflüger winkte ab und gerierte sich als Alphatier. Doch selbst eine Führungsfigur muss ihre Gefolgschaft ordnen.

Mit der Niederlage im Berliner CDU-Machtkampf, geht eine große Chance verloren. Hinter dem eloquenten, aber machtpolitisch naiven Pflüger steht niemand bereit, der willens und in der Lage wäre, Berlin zum Vorzeigeprojekt für das neuartige Dreiparteienbündnis zu machen. Dabei ist in keinem anderen Bundesland der Druck auf die Parteien so stark, alte Vorbehalte hintanzustellen und inhaltliche Gemeinsamkeiten auszuloten: Eine Jamaika-Koalition ist für CDU, FDP und Grüne die einzige Möglichkeit, die seit 1989 mitregierende und behäbig gewordene SPD aus dem Senat zu werfen.

Zwei Jahre ist es her, da verkündete der aus Hannover angereiste CDU-Spitzenkandidat, er strebe eine schwarz-gelb-grüne Koalition an. Pflüger blickte bei seinen Worten bereits auf die Wahl 2011. Bis dahin, so sein Kalkül, werde er selbst die skeptischen Parteifreunde vom Sinn seines Plans überzeugt haben. Denn CDU und FDP allein, das wusste Pflüger, würden im eher linken Berlin nie die Mehrheit erringen. Neue Bündnisse mussten her, lieb gewonnene Feindschaften zwischen "Schwarzen" und "Alternativen" sollten enden.

Auf dem Weg dorthin ging er voran: beispielsweise mit Konferenzen, auf denen die drei Oppositionsparteien gemeinsam Alternativen zur Regierungspolitik des Senats diskutierten. Pflüger lobte den geplanten Ausbau der Kitabetreuung und sprach sich gemeinsam mit FDP und Grünen gegen den Neubau eines Kohlekraftwerks im Ostbezirk Lichtenberg aus. Der Haken: Seine Parteifreunde fragte er bei solchen Vorstößen spät oder gar nicht.

Partei und Fraktion hat der Ideengeber Pflüger dabei aus den Augen verloren. In atemraubender Naivität hat der Fraktionsvorsitzende darauf vertraut, dass die mächtigen Kreisvorsitzenden ihm folgen würden. Doch für deren Mehrheit spricht eher ein Mann wie Generalsekretär Frank Henkel, der am Donnerstagvormittag gleich im Anschluss zum Nachfolger Pflügers gekürt wurde.

Frank Henkel erhielt 33 von 37 Stimmen der Abgeordneten. Wenn es um Grüne, SPD und Linke geht, redet Henkel noch immer gern von der "linken Einheitsfront". Anders als SPD und Grüne hat die CDU nie im Osten der Stadt Fuß gefasst.

Steigende Umfragewerte wären Pflügers einzige Rettung gewesen, denn eine eigene Machtbasis hat der Mann aus Niedersachsen nicht. Die Kampfkandidatur für den Landesvorsitz war sein überhasteter Versuch, einer Entmachtung durch unzufriedene und kurzsichtige Provinzfürsten zuvorzukommen.

Selbst sein angeblich guter Draht zur Bundeskanzlerin wird ihm nun nicht mehr helfen. Angela Merkel hat Pflügers ideologische Lockerungsübungen stets gutgeheißen. Nach seinem Scheitern muss sie auf den Erfolg von Schwarz-Grün in Hamburg setzen, um dort die Möglichkeiten neuer Machtkonstellationen zu erforschen.

Über Pflügers Niederlage wird sich nicht nur Wowereit freuen. Auch die SPD im Bund darf nun hoffen: Je vertrackter eine Jamaika-Koalition erscheint, desto attraktiver wirkt auf Grüne und FDP eine Ampelkoalition.

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15 Kommentare

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  • JB
    Joachim Bovier

    Kein Frontoffizier

     

    Die Probleme der Berliner CDU lassen sich durch Personen beschreiben: Der frühere Regierende Bürgermeister Diepgen war sicher auch nicht das Paradebeispiel eines charismatischen Parteiführers, dennoch konnte er auch nach der Wiedervereinigung der CDU für lange Jahre die Exekutive sichern. Dass dies zusammen mit der SPD geschah, hat der CDU jedoch ihre Identität als konservative Volkspartei genommen, der rechte Biss ging verloren, so er denn je vorhanden gewesen sein sollte. Daran leidet die Berliner CDU bis heute, weil sie nie wie andere Landesverbände die wirklich harte Auseinadersetzung, den politischen Kampf mit den Roten – wie er beispielsweise in Hessen seit 40 Jahren erbittert geführt wird – gelernt hat und stattdessen glaubte durch Gekungel und Kasinomentalität Machtsicherung betreiben zu können. Eine solchermassen kampfunfähige Truppe braucht einen entschlossenen aggressiven Herrführer, der Rot-Blutrot frontal angeht. Der Wowereit Senat bietet Angriffläche mehr als genug, nur Herr Pflüger ist nicht der Offizier, die bürgerlichen Truppen in Stellung zu bringen.

  • A
    Anfreas

    (die taz-Oekos im spiessbuergerlichen Wahn, wie gehabt, selten so einen Duennsinn gelesen)

  • V
    vic

    Eine Wahl, bei der schwarz keine Rolle spielt, ist eine gute Wahl.

    Und wie kann man sich Grüner nennen, und mit der CDU dealen?

  • M
    Monika

    Wenn die Grünen zum Mehrheitsbeschaffer für die CDU werden wollten, wäre das für mich ein hinreichender Grund, sie nicht mehr zu wählen.

  • H
    Hilde

    Warum macht sich die taz gerade für solche "Pilotprojekte" stark?

     

    Back to the roots, GenossInnen!

  • JB
    Joachim Bovier

    Kein Frontoffizier

     

    Die Probleme der Berliner CDU lassen sich durch Personen beschreiben: Der frühere Regierende Bürgermeister Diepgen war sicher auch nicht das Paradebeispiel eines charismatischen Parteiführers, dennoch konnte er auch nach der Wiedervereinigung der CDU für lange Jahre die Exekutive sichern. Dass dies zusammen mit der SPD geschah, hat der CDU jedoch ihre Identität als konservative Volkspartei genommen, der rechte Biss ging verloren, so er denn je vorhanden gewesen sein sollte. Daran leidet die Berliner CDU bis heute, weil sie nie wie andere Landesverbände die wirklich harte Auseinadersetzung, den politischen Kampf mit den Roten – wie er beispielsweise in Hessen seit 40 Jahren erbittert geführt wird – gelernt hat und stattdessen glaubte durch Gekungel und Kasinomentalität Machtsicherung betreiben zu können. Eine solchermassen kampfunfähige Truppe braucht einen entschlossenen aggressiven Herrführer, der Rot-Blutrot frontal angeht. Der Wowereit Senat bietet Angriffläche mehr als genug, nur Herr Pflüger ist nicht der Offizier, die bürgerlichen Truppen in Stellung zu bringen.

  • A
    Anfreas

    (die taz-Oekos im spiessbuergerlichen Wahn, wie gehabt, selten so einen Duennsinn gelesen)

  • V
    vic

    Eine Wahl, bei der schwarz keine Rolle spielt, ist eine gute Wahl.

    Und wie kann man sich Grüner nennen, und mit der CDU dealen?

  • M
    Monika

    Wenn die Grünen zum Mehrheitsbeschaffer für die CDU werden wollten, wäre das für mich ein hinreichender Grund, sie nicht mehr zu wählen.

  • H
    Hilde

    Warum macht sich die taz gerade für solche "Pilotprojekte" stark?

     

    Back to the roots, GenossInnen!

  • JB
    Joachim Bovier

    Kein Frontoffizier

     

    Die Probleme der Berliner CDU lassen sich durch Personen beschreiben: Der frühere Regierende Bürgermeister Diepgen war sicher auch nicht das Paradebeispiel eines charismatischen Parteiführers, dennoch konnte er auch nach der Wiedervereinigung der CDU für lange Jahre die Exekutive sichern. Dass dies zusammen mit der SPD geschah, hat der CDU jedoch ihre Identität als konservative Volkspartei genommen, der rechte Biss ging verloren, so er denn je vorhanden gewesen sein sollte. Daran leidet die Berliner CDU bis heute, weil sie nie wie andere Landesverbände die wirklich harte Auseinadersetzung, den politischen Kampf mit den Roten – wie er beispielsweise in Hessen seit 40 Jahren erbittert geführt wird – gelernt hat und stattdessen glaubte durch Gekungel und Kasinomentalität Machtsicherung betreiben zu können. Eine solchermassen kampfunfähige Truppe braucht einen entschlossenen aggressiven Herrführer, der Rot-Blutrot frontal angeht. Der Wowereit Senat bietet Angriffläche mehr als genug, nur Herr Pflüger ist nicht der Offizier, die bürgerlichen Truppen in Stellung zu bringen.

  • A
    Anfreas

    (die taz-Oekos im spiessbuergerlichen Wahn, wie gehabt, selten so einen Duennsinn gelesen)

  • V
    vic

    Eine Wahl, bei der schwarz keine Rolle spielt, ist eine gute Wahl.

    Und wie kann man sich Grüner nennen, und mit der CDU dealen?

  • M
    Monika

    Wenn die Grünen zum Mehrheitsbeschaffer für die CDU werden wollten, wäre das für mich ein hinreichender Grund, sie nicht mehr zu wählen.

  • H
    Hilde

    Warum macht sich die taz gerade für solche "Pilotprojekte" stark?

     

    Back to the roots, GenossInnen!