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Phoenix muss draußen bleibenDiskussion über Flugverbot ohne TV

Das Fernsehen wollte der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages nicht dabei haben, wenn über das Flugverbot debattiert wird.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU, l) und der Geschäftsführer der Fluggesellschaft Condor, Ralf Teckentrup, kurz vor Beginn der Sondersitzung des Verkehrsausschusses. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundestagspräsident Norbert Lammert ist normalerweise ein großer Freund von TV-Übertragungen aus dem Deutschen Bundestag. Wenn es nach ihm geht, kann es davon gar nicht genug geben. Und weil es nach seiner Meinung in Wahrheit viel zu wenig davon gibt, hat Lammert ja auch schon mal damit gedroht, ein eigenen Parlamentskanal einzurichten.

Denn dass Phoenix, der "Ereigniskanal" von ARD und ZDF gern und viel überträgt, reicht dem Bundestag nicht. Schließlich sucht sich Phoenix frech aus, was gesendet wird und was nicht.

Doch es gibt Tage, da sind die Parlamentarier weniger fernsehgeil. Heute ist so einer: Der Deutsche Bundestag hat erneut eine Anfrage von Phoenix zur Live-Übertragung aus dem Verkehrsausschuss des Bundestages abgelehnt. Genauer: Aus der heutigen Sondersitzung zu Konsequenzen aus dem europaweiten Flugverbot wegen der Vulkanasche-Wolke made in Island.

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Begründung, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Winfried Herrmann (Grüne): Man habe eine ruhige, sachliche Atmosphäre gebraucht, "wo man auch kritische Fragen stellen kann". Daher hätten sich die Ausschussmitglieder mehrheitlich darauf verständigt, das Fernsehen draußen zu lassen.

Für Phoenix ist es der zweite Vor-die-Tür-Verweis innerhalb weniger Wochen: Zuletzt war dem Sender die Übertragung der Befragung von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg im Kundus-Untersuchungsausschuss verweigert worden – laut Phoenix mit der interessanten Begründung, der Kanal würde ja nicht die gesamten Ausschuss-Sitzungen übertragen, sondern "sich nur die Rosinen herauspicken", so die Sender-Pressestelle.

"Die Parlamentarier haben den Fernsehzuschauern die Möglichkeit genommen, sich ein unverfälschtes Bild von der Diskussion im Verkehrsausschuss zu machen", kritisieren zum heutigen Sendeverbot die Phoenix-Geschäftsführer Christoph Minhoff und Michael Hirz. Mit Blick auf die allgemeinen Auswirkungen des Flugverbots wäre die Übertragung "sicher im breiten öffentlichen Interesse gewesen". Die Entscheidung des Verkehrsausschusses sei daher "um so unverständlicher".

Und das Ergebnis der Ausschuss-Sitzung? Es habe eine "sachliche Aussprache" stattgefunden, "keine Vorwürfe" von Airline-Vertretern gegen Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) gegeben und überhaupt "ein ganz anderer Ton geherrscht" als in den letzten Tagen, sagte der Vorsitzende. Immerhin in ein Phoenix-Mikrofon.

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2 Kommentare

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  • N
    Nigredo

    "Man habe eine ruhige, sachliche Atmosphäre gebraucht, "wo man auch kritische Fragen stellen kann"."

     

    Und wir wissen ja alle, welche Frage da gemeint ist: Ist der Gewinn, der nun ausfällt, nicht wichtiger als die Leben der paar Menschen, die da in den Atlantik stürzen würden?

     

    Im Kapitalismus hat eben jeder Mensch seinen Preis...im wahrsten Sinne des Wortes.

  • M
    myrna

    zeigt beides nur, dass die bevölkerung für dumm gehalten wird.

    wer sich nicht entblödet, aus einer volksvertretenden debatte ein geheimnis zu machen, der gesteht ein, dass ihm die präsentation wichtiger ist, als der inhalt und man das ganze eigentlich auch bleiben lassen könnte.

    ein medienaufbereiter, der inhalte sinnentstellend kürzt, um die präsentation aufzupeppen, der gesteht ebenfalls ein, dass sie ihm nicht wichtig sind.

    die tatsache, dass beide "parteien" dies voneinder wissen, aber nicht einmal wagen, es direkt anzusprechen, zeigt, dass der bevölkerung nur als konsument bedeutung beigemessen wird.

    die alte deutsche krankheit der selbstüberschätzung mal wieder. tritt so penetrant wie hier sonst nirgends in der welt auf.