: Pflege-Finanzierung statt Buße
■ Auch in Bremen soll der Buß- und Bettag verschwinden, wenn die Pflegeversicherung kommt
In Bremen wird in Zukunft weniger gebetet und gebüßt werden. Denn für die Finanzierung der Pflegeversicherung soll auch im kleinsten Bundesland der Buß- und Betttag als staatlicher Feiertag abgeschafft werden. Diese Absicht des Bremer Senats hat jedenfalls die katholische Nachrichtenagentur KNA gemeldet. Für den 30.September ist ein Gespräch zwischen Bürgermeister und Kirchensenator Klaus Wedemeier und Vertretern der evangelischen und der katholischen Kirche zu dem Thema angesetzt. Doch während die Senatskanzlei noch keine Stellungnahme abgeben will, laufen sich die Kirchenmänner schon mal warm für einen letzten Protest gegen die Streichung.
Der Wegfall eines gesetzlichen Feiertages ist laut bundesweitem Kompromiß zwischen Regierung und Opposition die Kompensation für die Arbeitgeberseite in der Pflegeversicherung. Denn die Unternehmer sollen für die Hälfte des Pflege-Beitrages ihrer Angestellten aufkommen. Als Ausgleich dafür nun sollen die einzelnen Länder entweder einen Feiertag streichen oder aber die gesamten Kosten den Arbeitnehmern aufbürden. Die von den Unternehmensverbänden eigentlich favorisierte Streichung eines Urlaubstages scheiterte am Protest der Gewerkschaften. Den geringsten Widerstand boten da die Kirchen für einen Buß- und Bettag, der von der Bevölkerung ohnehin größtenteils zum Ausschlafen genutzt wird. Bayern hat eine Feiertagsstreichung kategorisch abgelehnt, die Nordländer basteln am Buß- und Bettag herum. In Schleswig-Holstein soll ein entsprechendes Gesetz im Oktober im Landtag entschieden werden.
Dagegen protestieren nun die Kirchen. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen sammeln sie bereits Unterschriften, in Bremen, so Ernst Uhl von der „Bremischen Evangelischen Kirche“ (BEK), überlege man im Moment noch, wie man vorgehen wolle. Die Kirchen marschieren Seite an Seite, auch die KatholikInnen sind gegen die Streichung des protestantischen Feiertages. Es gehe ihnen nicht um kirchliche Pfründe, betonen die Gottesmänner, sondern um ein traditionelles Erinnern an Umkehr und Buße, das zum „kulturellen Tafelsilber“ gehöre. „Der Kirchenausschuß sagt Nein zu diesem Thema,“ sagt Pfarrer Ernst Uhl. „Wir werden diesen Feiertag nicht hergeben, den muß man uns schon nehmen.“
Das will die Senatskanzlei erstmal nicht. Kirchensenator und Bundesratspräsident Wedemeier setzt auf eine bundeseinheitliche Regelung und habe nie gesagt, welchen Tag er favorisiere, so Senatssprecher Klaus Sondergeld. Außerdem nehme er zu der Frage nicht öffentlich Stellung, bis er nicht mit den Kirchen geredet habe.
Richtig Sturm läuten werden die Kirchen gegen den wahrscheinlichen Verlust des Feiertags allerdings nicht. Denn über Alternativen wie die Verlegung des 3.Oktober auf ein Wochenende oder die Streichung des 1.Mai („Der Buß- und Bettag ist viel älter!“) wird nicht ernsthaft diskutiert. Kirchen und Unternehmerverbände blicken schon weiter: Für die zweite Stufe der Pflegeversicherung ist im Gesetz festgelegt, daß möglicherweise noch ein weiterer Feiertag geopfert werden muß. bpo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen