Pflanzen essen von Ariane Sommer:
Gerade verbrachte ich ein paar Tage bei meinen Eltern in der Pfalz. Einer Region in Deutschland, bei der man eher an Worscht und Woi (Wurst und Wein) denkt als an vegane Küche.
Die Gerichte hier sind in der Regel so herzhaft, wie die Menschen herzlich sind. Als Kind habe ich kiloweise Lewwerworscht (Leberwurst) und Lewwerknepp (Leberknödel) vertilgt. Man könnte annehmen, dass ich mich während meines Aufenthalts in dieser Hochburg des Fleisches nun vorwiegend von veganen Eiweißriegeln und Gemüsebeilagen ernähren muss.
Aber nein. In der Pfalz gibt es sogar ganz hervorragende pflanzliche Gerichte. Lassen Sie mich ein paar Tipps geben, falls Sie mal in die Nähe kommen.
Da ist zum Beispiel die berühmte Grumbeersupp mit Quetschekuche (Kartoffelsuppe mit Zwetschgenkuchen), die gerade Saison hat. Das klingt nach einer gewagten Kombination, schmeckt aber ausgezeichnet.
In der Eselsburg, einem traditionellen Pfälzer Restaurant in Neustadt an der Weinstraße, werden deftige Bratkartoffel-und-Kraut-Teller serviert. Hier gehe ich jedes Mal essen, wenn ich auf Heimatbesuch bin. Inzwischen muss ich nur das Restaurant betreten, schon erzählt mir die Bedienung ungefragt, welche pflanzlichen Gerichte sie mir anbieten kann.
Auch im Deidesheimer Hof bin ich hin und wieder. Er wurde in ganz Deutschland bekannt, weil Exbundeskanzler Helmut Kohl dort Staatsgästen Saumagen kredenzen ließ, ob sie es nun wollten oder nicht. Hier gibt es kein veganes, aber immerhin vegetarische Gerichte. Während meine amerikanische Schwiegermutter Wild isst, sitze ich daneben und esse das, was sie Wildfutter nennt, sprich Salat. Der ist ziemlich gut, aber das Angebot ist ausbaufähig.
Wenn ich davon genug habe, gehe ich mit Freunden ins BistRoh in Speyer, das ausschließlich vegane und rohköstliche Speisen serviert. Unschlagbar sind die Rohkosttorten. Kürbisspekulatius ist derzeit besonders empfehlenswert.
Neulich wagte ich zu Hause den Versuch, das Pfälzer Nationalheiligtum, die Leberwurst, zu veganisieren. Dafür gab ich 250 Gramm Kidneybohnen aus der Dose in eine Küchenmaschine, dazu 180 Gramm Tofu, eine halbe, fein gehackte und in Olivenöl angedünstete Zwiebel, eine Zehe Knoblauch, eine kleine Handvoll Petersilie, jeweils eine Prise Muskat und Oregano sowie einen Teelöffel flüssigen Rauch, Salz und Pfeffer und häckselte alles klein, bis die Masse streichfähig war. Wer eine cremigere Konsistenz wünscht, kann noch etwas Öl hinzugeben. Fazit meines Vaters: „Kann man essen.“ Aus dem Mund eines Rumpsteak-Aficionado ein Ritterschlag.
Am besten schmeckt meine „Levvervorscht” übrigens mit Gequellde (Kartoffeln, die in der Schale gekocht werden) und Weiße Kees (Kräuterquark). Für meinen milchfreien „Veisse Kees” einfach eine kleine Zwiebel und Petersilie fein hacken, in Sojajoghurt verrühren und mit einer Prise Paprika, Salz und Pfeffer abschmecken.
Pflanzen und die Pfalz, Gott erhalt’s!
Ariane Sommer schreibt hier alle zwei Wochen über veganes Leben Foto: Manfred Baumann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen