piwik no script img

Petition der WocheMüsliriegel statt nackter Haut

Das Saarland gilt aufgrund seiner Bordelldichte als „Puff Europas“. Eine Petition will die Werbung für diese Bordelle jetzt abschaffen.

Bordellwerbung mache Prositution glamourös, finden die Initiatorinnen der Petition Foto: dpa

Ei, das Saarland. Es ist bekannt für seine Größe – knapp fünfmal so groß wie der Bodensee –, für all seine Katholiken und natürlich für das Ei, mit dem seine BewohnerInnen jeden ihrer Sätze einleiten, es sonst aber auch gern in Maggi genießen. Je nachdem, wen man fragt, gilt das Saarland inzwischen außerdem als „Puff Europas“. „Durch seine Nähe zur französischen Grenze ist es zum Eldorado für Bordellbetreiber geworden“, schrieb 2015 etwa die Emma. Das zeigt sich auch im Stadtbild: Nackte Haut und Hinweise auf Sauna- und Privatclubs sind auf Reklametafeln in Saarbrücken präsenter als ­Sneakers und Müsliriegel.

Den kommunalen Frauenbeauftragten reicht es jetzt. Ihre Landesarbeitsgemeinschaft hat am Frauentag dieses Jahres, dem 8. März, eine Petition für ein landesweites Verbot von Bordellwerbung gestartet. Dass es überhaupt Prostitution gebe, sei schlimm genug, sie müsse nicht auch noch propagiert werden, sagen die InitiatorInnen.

Nachdem 2002 ein neues Prostitutionsgesetz in Kraft trat – damals unter der rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder –, ist kommerzielle Sexarbeit im Saarland ein Thema. Das Gesetz sollte die Sittenwidrigkeit der Prostitution abschaffen, anders als im Nachbarland Frankreich, wo käuflicher Sex nicht erlaubt ist und das Verbot streng durchgesetzt wird. Das treibt viele Freier über die Landesgrenze. Allein in Saarbrücken gibt es inzwischen 22 Bordelle.

Und auch die Werbung der Rotlichtbranche sorgt immer wieder für Aufregung. Im Mai 2017 parkte ein Reklamefahrzeug über Wochen vor einem Friedhofseingang, was viele SaarbrückerInnen störte. Kurz zuvor hatte es der Kreisligist SV Würzbach in die Lokalpresse geschafft, weil auf den Spielertrikots der Namenszug einer Pornodarstellerin abgebildet war.

„Immer noch ein billigeres, besseres Angebot“

Die Werbung verschleiere die Realität des Gewerbes und mache Prostitution glamourös, heißt es in der Petition, die erreichen will, dass das Saarland als erstes Bundesland flächendeckend Bordellwerbung verbietet. Durch die Darstellung der Frau als Angebot werde den Freiern zudem vermittelt, dass es „immer noch ein billigeres, besseres Angebot“ gebe.

Die Petition

Anlass der Petition: Zu viel und zu aggressive Werbung für Sexarbeit und Bordelle im Saarland

Das wollen die InitiatorInnen: Ein saarlandweites Verbot von Bordellwerbung

Das wollen sie nicht: Bordelle oder Prostitution abschaffen

Vor allem die wenigen freiwillig tätigen Prostituierten seien einem enormen Konkurrenzkampf ausgesetzt. „Sie müssen Kompromisse schließen, Praktiken entgegen dem Prostituiertenschutzgesetz akzeptieren und schlechte Bezahlung hinnehmen“, so die Petition. Bordellwerbung ist bisher nur per Verordnung in bestimmten Stadtteilen von Großstädten wie München oder Köln verboten.

Die Frauenbeauftragten wollen es großflächiger. „Das Saarland hat die Chance, mit gutem Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass Frauenrechte nicht nur in Ballungsräumen respektiert werden“, so die Sprecherin Heike Neurohr-Kleer. Nils Pickert, Chefredakteur bei Pinkstinks, einer Organisation, die Sexismus in der Werbung anprangert, sagt: „Prostitution ist eine legale Dienstleistung, also muss sie auch legal beworben werden können.“

Werbung dafür dürfe aber weder sexistisch sein noch die Person als allzeit verfügbares Angebot darstellen. Am 11. Oktober soll die Petition dem Landtagspräsidenten überreicht werden. Unterschriften werden über alle kommunalen Frauenbüros sowie Change.org gesammelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Werbung dafür dürfe aber weder sexistisch sein noch die Person als allzeit verfügbares Angebot darstellen."

    Äh, kommt nur mir diese Aussage widersinnig vor? Was sind denn Bordelle sonst als ein allzeit verfügbares Angebot von Sex gegen Geld...