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„Peters ist stolz auf die Tat“

■ Prozeß gegen die mutmaßlichen Mörder von Mölln: Angeklagte sollen beim Gefängnispfarrer gestanden haben

Schleswig (taz) – Die beiden Angeklagten im Prozeß um die Morde von Mölln, Lars Christiansen und Michael Peters, haben vermutlich dem Gefängnisgeistlichen über die Anschläge in Mölln berichtet. Der Pfarrer habe ihr erzählt: „Lars bereut die Tat, Peters wäre noch stolz darauf“, erklärte die 18jährige Sandra T. am 31. Verhandlungstag vor dem Oberlandesgericht in Schleswig.

Der Gefängnispfarrer soll an einem der nächsten Verhandlungstage gehört werden. Sowohl Christiansen als auch Peters erklärten vor dem Zweiten Strafsenat, sie würden den Geistlichen von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Christiansen fügte hinzu: „Ich habe so etwas keinesfalls zu ihm gesagt, es ist mir schleierhaft, wie er so etwas sagen kann.“

Stecknadeln hätte man im Gerichtssaal hören können, als der früheren Freundin von Christiansen die Frage gestellt wurde, ob sie mit ihm über die Anschläge geredet habe. Minutenlang schwieg sie, bevor sie erklärte, sie wisse es nicht mehr. Erst nachdem Christiansen in ihrer Abwesenheit erklärte, daß sie am Tag nach den Brandanschlägen miteinander telefoniert hätten, gab sie das ebenfalls vor Gericht zu. Christiansen erkärte, sicherlich seien bei dem Gespräch auch die Möllner Anschläge zur Sprache gekommen. „Aber ich habe ihr keinesfalls gesagt, daß ich es war, weil ich es ja nicht gewesen bin.“

Sandra T. war im Juni vom Lübecker Landgericht gemeinsam mit neun weiteren Jugendlichen aus dem mecklenburgischen Wittenburg wegen der Anschläge auf Asylbewerberheime in Gudow und Kollow im September 1992 zu Haftstrafen verurteilt worden. Sechs von ihnen, darunter auch das 18jährige Mädchen, legten gegen das Urteil Revision ein, so daß ihnen bei ihren Aussagen in Schleswig in den vergangen beiden Verhandlungstagen ein umfangreiches Aussageverweigerungsrecht zustand.

Gefragte Leute waren die beiden West-Skins Peters und Christiansen bei den Skinheads aus dem mecklenburgischen Wittenburg. Der 26jährige Peters hatte die Ideen und übernahm auch die Führung bei den Anschlägen auf die Asylbewerberheime. Seine Beteiligung hatte er vor Gericht bereits zugegeben. „Er war ziemlich wortkarg, dadurch kam er uns schlauer und überlegter vor, als er war“, sagte ein 18jähriger Schüler. Doch nach den Anschlägen bröckelte der Kontakt wieder ab. Einige der Wittenburger hatten keine Bedenken, vor Gericht zu erklären, sie trauten den beiden die Anschläge im November vergangenen Jahres in Mölln, bei dem drei Menschen ums Leben gekommen waren, zu. Der Prozeß wird fortgesetzt. Kerstin Kampe

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