: Peter Ruben
Peter Ruben, geb. 1933 in Berlin-Neukölln; Vater ist Schlosser, Mitglied der KPD, die Mutter wechselt nach dem „Blutmai“ 1929 von der SPD zur KPD, arbeitet später an der Ausgabe der Marx-Engels-Werke mit. Nach dem Abitur 1952 geht Ruben zur Volkspolizei. SED-Eintritt. Die erste Parteistrafe bekommt er im Zusammenhang mit dem 17.Juni: „Kein Zwang und kein Drill, der eigene Will“, lautet die FDJ-Losung, die sich Ruben und andere zu eigen machen.
1955 Beginn des Philosophiestudiums an der Humboldt-Uni. Er wird jedoch 1958 aus der SED ausgeschlossen und bekommt drei Jahre „Bewährung in der Produktion“. Hintergrund ist der Ungarn-Aufstand und die parteiinterne Suche nach Fraktionen (Harich, Janka). Er gilt als Mitglied einer „parteifeindlichen Gruppe, die eine staatsfeindliche Gruppe von Studenten geschützt“ hat; ein Kommilitone wird „wegen nüscht“ - u.a. hatte er sich beim 'Tagesspiegel‘ die Chruschtschow-Rede vom 20.KPdSU-Parteitag besorgt - zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Dieser Prozeß - Ruben war als Zeuge geladen - markiert für ihn den emotionalen Bruch „mit diesem Laden“.
1961 Wiederaufnahme des Studiums. Zweiter Parteieintritt 1964; nach seinem Examen macht er in seiner Hochschullaufbahn (1964 Assistenz am Philosophischen Institut, 1969 Promotion, 1977 Habilitation) „die konkrete Arbeit zum Ausgangspunkt der Philosophie“ und hebt damit die „Subjektivität des Arbeiters als Träger der Geschichte hervor, dessen Organ der Funktionär ist und nicht umgekehrt, wie es die Perspektive der Verteidigung der politischen Macht“ sieht. Die Betonung der Rolle der Person macht ihn für die „Sicherheit“ verdächtig, und nachdem seine Arbeiten in den Siebzigern zunehmend internationale Aufmerksamkeit finden - u.a. ist er Gastprofessor in Dänemark -, beginnt der „Diadochenkrieg“: der Vorwurf des „Revisionismus“ wird erhoben und mündet 1981 in den Ausschluß von Ruben und anderen (u.a. Camilla Warnke, Leiterin des Bereiches „Dialektischer Materialismus“). In den Unterlagen dieses Verfahrens, eine als „grüne Mappe“ bekannte Sammlung von „Gutachten“ über den Revisionismus von Ruben u.a., sind einige versammelt, die in der DDR-Phislosophie und Ökonomie Rang und (damit) Namen haben.
Die drohende Perspektive, erneut „in der Produktion“ oder im Knast zu landen, wird erst durch eine BRD-Intervention des „Bundes demokratischer Wissenschaftler“ (BdWi) abgewendet: Über die DKP-Connection wurd Steigerwald bei Axen (Abteilung Internationales) vorstellig und die Pläne von Hager (Abteilung Ideologie) werden abgewandelt. Es kommt durch Versetzungen zu einer „Zerschlagung“ der Gruppe um Ruben und zu „kaltem Berufsverbot“: Die beteiligten WissenschaftlerInnen dürfen nicht mehr öffentlich auftreten.
Seit 1981 arbeitet er zu Entwicklungstheorie und Ökonomie im Bereich Historischer Materialismus (Marx, Kondratieff, Schumpeter). Ab 1985, „seit Gorbatschow“, läßt die Kritik an ihm nach und inzwischen wird er „von allen, die mich damals rausschmissen, wieder sehr goutiert“.
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