: Pessimismus
■ Jugendliche in USA und UdSSR zum Atomkrieg
Natürlich hat politische Propaganda auch Auswirkungen. Die nationalen Unterschiede, die in der jetzt veröffentlichten amerikanisch–sowjetischen Paralleluntersuchung sichtbar geworden sind, entsprechen den Positionen der jeweiligen Regierung. Überraschend ist jedoch, wie begrenzt deren politische Wirkungen geblieben sind. Dabei gestattete die Befragung einen Einblick in tieferliegende Stimmungen. Tambow und Rostow am Don sind russische Provinz, sowie es auch der Staat Maryland in den USA ist. In Deutschland hätte man zum Vergleich Donauwörth oder Münster heranziehen müssen. Klug war es in diesem Sinne auch, 13– bis 14jährige zu befragen. Jugendliche in diesem Alter geben relativ ungebrochen jene Weltbilder wieder, die ihnen von der Umwelt vermittelt werden. Patriotisch sind die Jugendlichen beider Länder offenbar in gleichem Ausmaß. Die Konsequenzen eines Atomkrieges schätzen sie zwar gleich verheerend ein, zwei Drittel der Amerikaner und der Russen meinen aber, man müsse zurückschlagen. Einen harten Kern von Rüstungsfreunden gibt es offenbar auch in der Sowjetunion. Wirklich auffällig ist aber der amerikanische Pessimismus. Zwar erhoffen sich doppelt soviele Amerikaner Überlebenschancen, doch insgesamt wiederum nur zwanzig Prozent. Drei Viertel schließlich, ebenso viele wie in der Sowjetunion, glauben, daß der Atomkrieg nicht gewinnbar ist. Wenn ihn dann nur vierzehn Prozent für vermeidbar halten, wird deutlich, daß die optimistische Rüstungspropaganda und der Rambo–Mythos kaum mehr als eine Überkrustung von tiefsitzender Hoffnungslosigkeit und Apathie sind. Erhard Stölting
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen