Personenführung # 192: Michael Biedowicz : Der Marschallstab im Tornister
Der Journalist hat eine gerade erschienene Doku über die Ost-taz gedreht. Ein Zeitreise in die Geschichte der taz und des wiedervereinten Berlins.
Von JAN FEDDERSEN
taz Info, 26.04.23 | Die Geschichte der Ost-taz, die ist einfach zu gut, zu sehr ein Zeugnis dieser heute wie verwehten chaotischen Zeit 1989, 1990, 1991, die Ära der DDR-Implosion, als dass sie nicht irgendwann in einem Film hätte überliefert werden müssen.
Michael Biedowicz, 1955 in Lauta/Lausitz geboren, gelernter Fotograf, bei der Ost-taz Fotoredakteur, hat, einem Satz der früheren taz-Chefredakteurin Georgia Tornow treu, sich mit dem „Marschallstab im Tornister“ auf den Weg gemacht – und einen freundlichen, angemessen die Nervositäten jener Jahre gerade in Berlin dokumentierenden TV-Film gefertigt, Titel: „Das kurze Leben der Ost-taz“.
Er wollte zeigen. Dies vor allem, nicht mehr, nicht weniger. „Ich habe den Film nicht so angelegt, dass sich irgendeine Message aufdrängt. Natürlich hoffe ich, dass jede*r berührt und hoffentlich bereichert aus dem Film geht. Georgia Tornows Satz mit dem Marschallstab hat mir gefallen. Ergreife deine Chancen und strenge dich an. Und das haben wir Ost-tazler getan.“
Dankbar, dabei gewesen zu sein
Nach der Zeit bei der Ost-taz ging es für ihn, den Fotografen, in seinem Metier weiter. „Ich bin ein Zeitungsmensch geblieben. Über die Stationen taz, Wochenpost und die Zeit wurde ich schließlich Bildchef des ZEITmagazins. Heute bin ich Galerist und kuratiere Ausstellungen.“
Und, sozusagen verrentet, in einem für ihn womöglich typischen Unruhestand: Er arbeitet weiterhin als Dozent für Fotografie und ist einer der beiden Vorsitzenden der DGPh, der Deutschen Gesellschaft für Photographie.
Liest er selbst noch die taz? „Ja, aber nicht regelmäßig, gebe ich zu. Ich hoffe, es gibt sie weiterhin als Printmedium. Das Zeitungslesen der gedruckten Zeitung, hoffentlich bleibt es uns noch lange erhalten. Es gehört einfach zu meiner Kultur.“
Wie guckt er inzwischen auf die damalige Zeit, vor allem auf das Engagement in und mit der Ost-taz – im Zorn etwa? „Auf keinen Fall, im Gegenteil. Mein Gefühl ist Dankbarkeit. Dankbarkeit, dabei gewesen zu sein, etwas Neues ausprobiert zu haben. Ich habe so unendlich viel gelernt. Auch und vor allem in der Zeit der gemeinsamen Arbeit in der taz-Fotoredaktion.“