Personalabbau an der Griegstraße: „Mopo“ wird noch kleiner
Kölner Verleger streicht Personaltableau der Hamburger Morgenpost zusammen. Auch Betriebsräte sollen gehen. Online-Bereich soll stärker werden.
HAMBURG taz | Seit Dienstag ist offiziell, was schon seit Tagen der Flurfunk an der Griegstraße meldete: Bei der Hamburger Morgenpost wird kräftig Personal abgebaut. Mehr als zehn der 103 Stellen stehen auf der Streichliste; auch eigentlich unkündbare Betriebsräte sollen vor die Tür gesetzt werden. Das ist das Ergebnis einer Mitarbeiterversammlung, in der Mopo-Geschäftsführerin Susan Molzow die Hamburger Zeitungsmacher über die bevorstehenden Sparmaßnamen des Kölner Verlagshauses DuMont Schauberg (DMS) unterrichtete, dem das Boulevardblatt seit 2009 gehört.
Während Mopo-Betriebsratschef Holger Artus, dessen Name sich auch auf der Streichliste befindet, über „die größte Kündigungswelle seit 1979“ und den „Versuch, sich des Betriebsrates zu entledigen“ klagt, verklärt Molzow den Personalschnitt zum Zukunftsprogramm. Die Abgesandte aus der Kölner Konzernzentrale spricht von einer Restrukturierung des Verlags, einer Fokussierung auf den Online-Bereich und damit verbundenen „organisatorischen Änderungen im Redaktionsbetrieb“.
Betroffen von den bevorstehenden „Freistellungen“ ist vor allem die Anzeigenverwaltung, die komplett an eine DMS-Tochter in Halle ausgelagert werden soll. Allein hierdurch gehen in Hamburg 5,8 Vollzeitstellen verloren. Doch auch in der Politikredaktion, dem Ratgeber- und Reiseressort, dem Layout und dem Sekretariat der Chefredaktion werden MitarbeiterInnen vor die Tür gesetzt. Insgesamt sollen nach Informationen des Betriebsrats zwölf MitarbeiterInnen gehen, auf die sich 10,2 Vollzeitstellen verteilen, darunter auch Betriebsratschef Artus und seine Stellvertreterin.
Noch am Montag hatte das Medienhaus DuMont Schauberg erklärt, es gebe keinen Anlass zu Spekulationen über einen Personalabbau bei der Morgenpost und schon gar keine Entscheidung. Am Dienstag folgte dann die Kehrtwende. Das Sparpaket sei Teil eines konzernweiten Restrukturierungsprogramms bei DMS, das bei der Mopo „rücksichtslos umgesetzt“ werde, obwohl die Zeitung auch 2014 Kurs Richtung Gewinnzone halte, klagt der Betriebsrat. Er kündigte an, diese Entwicklung nicht hinzunehmen und sich „mit allen Mitteln“ gegen den Schrumpfungskurs zu wehren.
Als „ganz peinlich“ und eine „gewaltige Blamage“ bewertete die Arbeitnehmervertretung gestern zudem, dass aufgrund der Ereignisse die Jubiläums-Veranstaltung für die 65-Jahr-Feier der 1949 gegründeten Morgenpost am kommenden Dienstag inoffiziell kurzfristig abgesagt worden war.
Kaum war diese Betriebsratsbewertung gestern veröffentlicht, da erklärte Molzow, die Feier sei nie abgesagt worden und finde definitiv statt. Die meisten MitarbeiterInnen des Blattes werden allerdings auf dem Empfang fehlen – sie wurden zum eigenen Jubiläum nicht einmal eingeladen. Nicht dass da jemand die Festtagsstimmung trübt. MARCO CARINI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!