Kommentar: Perfide Christunion
■ Schlag gegen kleine soziale Netze geplant
Der Bundesregierung scheint das Wasser bis zum Verstand zu stehen. Erst will sie angehende StudentInnen, die keine begüterten Eltern haben, durch die Bafög-Rückzahlungspflicht mit horrenden Zinssummen vom Studium abschrecken. Jetzt sollen die Sozialhilfeempfänger stigmatisiert werden, wenn sie auf Zimmersuche sind und zum Vorstellungsgespräch bei Wohngemeinschaften gehen wollen: Jeder Berufstätige in einer WG soll das Risiko eingehen, die Sozialhilfe für WG-Partner übernehmen zu müssen, einfach so.
Daß sich die Landesregierungen gegen diese Spar-Idee ausgesprochen haben, und zwar egal welcher Partei-Couleur, scheint den Bundesminister nicht zu beeindrucken. Die Argumente der Verbände ebensowenig. Daß die Sozialämter durch die provozierten Konflikt-Fälle mehr Verwaltungsaufwand haben dürften als Sozialhilfe gespart werden kann, scheint in den Seehofer-Schädel nicht hineinzugehen. Kaum vorstellbar, daß ein Bundesverfassungsgericht die Wohngemeinschaft so umstandslos der Familie gleichstellt.
Das Perfide an der vermeindlichen Spar-Idee ist, daß sie kleine soziale Netze bedroht. Nicht nur junge Menschen helfen sich gegenseitig in Wohngemeinschaften, zunehmen auch alte. Zumindest das hätte einem Christlich- Sozialen, wenn er nicht ganz entrückt im Elfenbeinturm seiner Bodyguards leben würde, auffallen müssen. Klaus Wolschner
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