Per Judorolle zu Familie und Hund

■ Judobundestrainer Metzler tritt nach Erfolgs-EM zurück: Zu schade zum Rechnungsprüfer

Berlin/Frankfurt (taz/dpa) - „Wir haben eben die richtigen Partner für die Nationalmannschaft gefunden“, wirft sich der Vizepräsident des Deutschen Judo-Bundes (DJB), Gunter Bischof, ob der überwältigenden Erfolge der deutschen Judoka bei der Europameisterschaft in Frankfurt in die Brust. Und fast hätten wir ihm geglaubt, nach dreimal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze für den DJB.

Doch wenige Minuten vor dem Abschlußbankett ließ Bundestrainer Heiner Metzler, mit viel Sinn für Dramaturgie ausgestattet, die Skandalkatze aus dem Sack: Er trat mit sofortiger Wirkung zurück. Sein Überraschungs-Coup glückte: Ratlosigkeit und einen Schock beim DJB diagnostizierte 'dpa‘.

Und das verwundert nicht, angesichts der Gründe, die Metzler für seinen Rücktritt nennt: „Die Bedingungen sind unerträglich geworden. Es wurde oft stümperhaft zu Werke gegangen, ich möchte aber auf einer professionellen Basis arbeiten. Das ist in unserem Verband nicht möglich. Ich bin Trainer und kein Rechnungsprüfer“, nahm er dem DJB den Siegerwind total aus den Segeln.

Bestürzt war die Nationalmannschaft. „Es herrschte eine Stimmung wie bei einer Beerdigung“, berichtete Alexander von der Gröben und forderte: „Alle müssen sich nun an einen Tisch setzen und ihn zur Rückkehr überreden. Er ist für uns im Hinblick auf Olympia '92 einfach nicht zu ersetzen.“ Metzler, seit zwölf Jahren im Amt, will sich nun seiner Familie und seinen Hunden widmen: „Das habe ich meiner Frau versprochen.“

Die Kämpfer können sich das künftige Training ohne Heiner Metzler kaum vorstellen: „Er war wie ein Vater zu uns“, sagte der plötzliche Halbweise Frank Wieneke, den der scheidende Bundestrainer zu einer Gold- und Silbermedaille bei Olympischen Turnieren geführt hatte.

Die DJB-Führung will die neue Situation so schnell als möglich beraten und eine Entscheidung fällen. Als mögliche Nachfolger sind Jürgen Füchtmeyer (Wolfsburg), Han Ho San (Köln) und Günther Neureuther (München) im Gespräch. DJB -Sportdirektor Günter Romenath (Mainz) drückte das aus, was sich viele wünschen: „Vielleicht kehrt Heiner doch zurück.“

miß Neue Judo-Europameister:

MÄNNER: Superleichtgewicht: Pradayrol (Frankreich), Halbleicht: Krabaretta (Frankreich), Leicht: Schumacher (Remscheid), Halbmittel: Warajew (Sowjetunion), Mittel: Legien (Polen), Halbschwer: Traineau (Frankreich), Schwer: Kurtanidze (Sowjetunion), Offene Klasse: Tolnai (Ungarn), FRAUEN: bis 48 kg: Nowak (Frankreich), 52 kg: Rendle (Großbritannien), 56 kg: Arnaud (Frankreich), 61 kg: Gomez (Spanien), 66 kg: Schreiber (Leverkusen), 72 kg: Krüger (Pirmasens), über 72 kg: Cicot (Frankreich), Offene Klasse: Lee (Großbritannien)