: Penck penckt
■ Bilder und Plastiken von A.R.Penck im Kunstverein Oldenburg
Ein Axtschwinger mit dreieckigem Schädel ruft: Ich bin ein Penck. Aber auch eine biegsame Frau ruft: Ich bin ein Penck. Und selbst die Kreuze, Kreise und Zickzacklinien, die sich zwischen die Figuren hineingezwängt und eingenistet haben, als gälte es, unter allen Umständen einen horror vacui zu vermeiden, – sie alle rufen: Wir sind Pencks, wir sind Pencks. Ja, so eine Penckausstellung hat es schwer.
Längst nimmt man die Penckschen all-overs mit dem hohen Wiedererkennungswert nur noch als Selbstplagiate zur Kenntnis. Die Zeichenfreudigkeit des Ex-Ossis rächt sich gar gruselig: Man deutet sie nicht mehr als Metaphern über den Ost-Westkonflikt, über Deutschland, das Ich oder was den Menschen sonst gemeinhin malträtiert, sondern als Belegbeispiel für die Penckmalweise.
Da heißt es: Zusammennreißen! Trotzdem hingucken! Nicht durch deja vu-Gefühle zu Faulheit hinreißen lassen. Denn die Prämissen hinter diesen Bildern sind interessant, nach wie vor: Diese Kunst behauptet, daß das Chaos in unseren Köpfen nur durch allereinfachste Zeichen und Symbole (wenn überhaupt) gelichtet werden kann; sie postuliert, daß steinzeitliche Felszeichnung eine Gesellschaft besser auf den Punkt bringt als es realistisch-komplexe Umständlichkeit vermag. So werden Geschlechterkonflikte mit just demselben Formeninventar bewältigt wie Zeitgeschichtliches. Unterschiedlichstes muß sich auf eine einzige, hintergrund- und schattenlose Bildebene zwingen lassen.
Nur bei einem Selbstporträt unterlegt der Maler die nackte, bloße Kontur mit wildem Farbgewühle. Das große Ich zumindest scheint dann doch Zweischichtigkeit zu fordern.
Pencks provokative Einfachheit nervt, rührt, gefällt – stets aufs Neue. Und sein riesiges Holztotem, das in Wahrheit aus Bronze ist, und dessen Gesicht voodoowahnsinnig in vier verschiedene Richtungen stiert, ist sowieso genial. bk
bis zum 12.10.
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