Pelhams Musikklau-Streit mit Kraftwerk: Gericht erleichtert Sampling
Ist Sampling Diebstahl? Im Fall Kraftwerk vs. Pelham erleichtert der Bundesgerichtshof die Verwendung fremden Musikmaterials - unter gewissen Bedingungen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Künstlern das Verwenden von fremden Musikelementen deutlich erleichtert. Zwar ist laut BGH auch das Sampling "kleinster Tonfetzen" grundsätzlich erlaubnispflichtig, allerdings kann auf die Erlaubnis verzichtet werden, wenn die Tonfolgen in ein neues und klar unterscheidbares Werk eingebaut werden.
Geklagt hatten die Elektro-Musiker von Kraftwerk. Sie beschwerten sich, dass der Produzent Moses Pelham, ohne zu fragen, ein markantes Schlagzeugmuster aus ihrem Stück "Metall auf Metall" für eine Rap-Nummer von Sabrina Setlur verwendete. Pelham berief sich darauf, dass es doch nur ein kleiner "Partikel" gewesen sei.
Eine solche Bagatellgrenze lehnte der BGH gestern ab. "Was nachgeahmt wird, verdient auch, geschützt zu werden", sagte der Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm gestern bei der Urteilsverkündung. Der Schutz gelte auch für "kleinste Tonfetzen". Der BGH korrigierte dabei das Oberlandesgericht Hamburg, das eine erlaubnisfreie Verwendung von "kleinsten Partikeln" vorgesehen hatte.
Neu und überraschend ist allerdings, dass der BGH auch eine relativ großzügige Ausnahme von der Erlaubnispflicht vorsieht. So darf ohne Erlaubnis gesamplet werden, wenn aus dem Ausgangsmaterial ein völlig neues Werk entsteht. Das allerdings dürfte in der Musikindustrie die Regel sein.
Oft ist für den Hörer nicht einmal mehr erkennbar, dass ein bestimmtes Rhythmusmuster oder ein Gitarrenklang eigentlich aus einem anderen Stück stammt.
Gänzlich grenzenlos wird die neue Samplefreiheit nun aber auch nicht gewährt. So dürfen Melodien nicht gesamplet werden, sondern wohl nur Rhythmen, Geräusche und Klänge. Außerdem ist das freie Samplen ausgeschlossen, wenn der Sound auch einfach neu eingespielt werden könnte. "Wir setzen also einen gewissen Notstand voraus", erläuterte Richter Bornkamm. Wer nur Kosten für Studiomusiker einsparen will, kann sich also nicht auf das Urteil berufen. Die Entscheidung hat aber zur Folge, dass ausgerechnet besonders aufwendige und außergewöhnliche Sounds erlaubnisfrei gesamplet werden dürfen.
Über den Streit "Kraftwerk gegen Pelham" muss jetzt wieder das Oberlandesgericht Hamburg entscheiden. Vermutlich wird Pelham unterliegen, da er das Schlagzeug-Sample auch hätte neu einspielen können. Pelham muss deshalb am Ende wohl eine größere Summe an Kraftwerk bezahlen und froh sein, wenn er die alte Setlur-Platte überhaupt weiter verkaufen darf.
Befasst hat sich der BGH gestern nur mit dem Abwehranspruch der Plattenfirma, bei der die ursprüngliche Aufnahme erschienen ist. Zwar haben auch die Komponisten und Interpreten eigene Abwehransprüche gegen ungefragtes Sampling, doch spielte dies keine Rolle, weil deren Ansprüche schwieriger durchgesetzt werden können.
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