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"Peinlichster Umweltpreis" des NABUÖkonom Sinn ist "Dino 2009"

Der Naturschutzbund (NABU) verleiht dem Chef des Münchner ifo-Instituts den "peinlichsten Umweltpreis". Er sei ein "Dampfplauderer mit egoistischem Sendungsbewusstsein".

"Dampfplauderer mit egoistischem Sendungsbewusstsein". Bild: dpa

Hans-Werner Sinn ist der "Dinosaurier des Jahres". Der 61-jährige Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung erhielt am Dienstag den vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ausgelobten "peinlichsten Umweltpreis Deutschlands". Jedes Jahr vergeben die Naturschützer eine Nachbildung einer Riesenechse an eine Persönlichkeit, die sich "in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert erwiesen hat".

Nabu-Präsident Olaf Tschimpke begründete die diesjährige Wahl damit, dass Sinn "hemmungslos seine veralteten Theorien vom alles regulierenden Markt" verbreite und dabei kaum eine Gelegenheit auslasse, moderne Umweltpolitik zu attackieren. Der Ökonom sei ein "Dampfplauderer mit egoistischem Sendungsbewusstsein", der dem Natur- und Umweltschutz nachhaltig schade.

Der Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft sagt Sätze wie diesen: "Der Politik geht es bei den Solardächern und Windflügeln schon lange nicht mehr um den Treibhauseffekt, sondern um die Schaffung von Sakralbauten für das neue Glaubensbekenntnis." Er fabuliert von einem "Sonnengott", der "für viele zum Religionsersatz geworden" sei. Und er sieht "grüne Politik zur Staatsdoktrin avanciert".

Der Nabu hält dies für "verantwortungslos". Der Verband kritisiert, dass in der Marktideologie des Talkshow-erprobten Ökonoms eine dezentrale und intelligente Infrastruktur für die Energieversorgung ebenso wenig eine Chance habe wie der Erhalt von kohlenstoffreichen Mooren und Feuchtgebieten oder die Modernisierung der öffentlichen Verkehrssysteme.

Besonders auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das in Deutschland erst den Boom des Ökostroms auslöste, ist Sinn schlecht zu sprechen. Es sei "ein Förderprogramm für grüne Energie in Deutschland und fossilen Strom anderswo", sagt er. Für die Umwelt bringe es nichts.

Der Hintergrund: Durch die Ausgabe von CO2-Emissionszertifikaten wurde in der EU der Ausstoß des Treibhausgases gedeckelt. Je stärker die Ökoenergien nun ausgebaut werden, umso stärker sinkt die Nachfrage nach den Emissionsrechten, was deren Preis senkt. Die Einsparung fossiler Energien wird damit weniger lukrativ. Dem Sachverhalt, den Sinn darstellt, ist wenig entgegenzusetzen.

Doch während der Münchner Ökonom daraus einen Angriff auf das EEG konstruiert, liegt aus umweltökonomischer Sicht eine ganz andere Konsequenz nahe: Würden die Emissionsrechte für fossile Kraftwerke alljährlich in jenem Maße gekürzt, wie die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, ließen sich EEG und Emissionshandel ideal verknüpfen. Daran jedoch scheint Sinn wenig Interesse zu haben.

Der nämlich, so kritisiert der Nabu, argumentiere lieber "ganz im Sinne der großen Stromkonzerne". Das tut er übrigens auch, wenn er über die Atomkraft spricht: Den Atomausstieg nennt er eine "Geisterfahrt" und das umstrittene, geplante Endlager Gorleben "eine der besten auf Erden verfügbaren Lagerstätten". Den Dinosaurier wollte Sinn am Dienstag nicht persönlich in Empfang nehmen.

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6 Kommentare

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  • PW
    Peter Wald

    Atom-„Ausstieg“ ist Propagandatrick

     

    Sie berichten: Den Atomausstieg nennt er eine "Geisterfahrt"

     

    Der sogenannte „Atom-Ausstieg“ ist ein plumper Propagandatrick von Jürgen Trittin und Bündnis `90, die damit von der eigenen Unfähigkeit ablenken wollen. Dem Wissenschaftsjournalisten Dr. Hans Grossmann verdankt die Öffentlichkeit folgende erhellende Aussage von Walter Hohlefelder, Präsident des Deutschen Atomforums e. V., über Jahre Aufsichtsratsvorsitzender der E.ON Kernkraft GmbH und Vorstandsmitglied der E.ON Energie AG:

    „Es gibt da offenbar ein grundlegendes Mißverständnis. Über einen Ausstieg aus der Kernenergie haben wir uns mit der Bundesregierung keineswegs geeinigt. Geeinigt haben wir uns in einem Kompromiß über den sicheren Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen und ihre Entsorgung - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dem Ausstieg aus der Kernenergie haben wir ausdrücklich nicht zugestimmt.“

     

    Das Atomkraftwerk Biblis ist eine rot-grüne Altlast und vor allem deshalb noch am Netz, weil die SPD und Bündnis `90 / DIE GRÜNEN ihre Regierungszeit im Bund und in Wiesbaden vertrödelt und alle Chancen zur Stillegung versiebt haben.

    Problembeschreibung im Kommentar "Bettvorleger mit Beißstarre" (ganz unten auf der Seite) auf homepage:

    http://www.oekosmos.de/artikel/details/wie-ein-fels-in-der-brandung

  • T
    todo

    Wer die Begründung für die Vergabe dieses Preises ( http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/dinodesjahres/index.html ) gelesen hat, kann nur zum einen Schluss kommen:

     

    Herr Tschimpke hat das Buch entweder nicht gelesen oder die Argumentation überhaupt nicht verstanden.

     

    Außer Phrasen und "Dampfplauderei" kommt leider nichts - ganz im Gegensatz zur Argumentation von Herrn Sinn!

  • U
    umweltfreund

    Vieles von dem was Herr Sinn sagt stimmt.

     

    Beispiel Förderung von Solarstrom in Deutschland:

    Der Politik geht es dabei tatsächlich nicht um Klimschutz. Vielmehr soll das EEG der deutschen Solarindustrie helfen eine Exportindustrie aufzubauen. Tatsache ist aber, dass das deutsche EEG ausländische Solarzellen genauso fördert wie deutsche. Die deutschen Hersteller können daher gar keinen internationalen Vorteil aus dem Gesetz bekommen. In den letzten Jahren wurden mehr ausländische als deutsche Solarzellen in Deutschland installiert.

     

    Beispiel Emissionsverlagerung durch das EEG

    Auch wenn Frau Kemfert vom DIW nicht möchte, dass ihre international publizierten Forschungsergebnisse auch in Deutschland publik werden (weil sie hier politisch wohl Schwierigkeiten machen könnten), empfehle ich jedem die Lektüre der von Kemfert/Traber verfassten Studie ("Impacts of the German Support for Renewable Energy

    on Electricity Prices, Emissions, and Firms" erschienen in "The Energy Journal"). Dort steht ganz klar: die CO2-Emissionen, welche das deutsche EEG erspart führen zu zusätzlichen Emissionen in anderen Ländern, so dass der Klimaschutzeffekt des deutschen EEG faktisch fast null ist. Das selbe wie Traber/Kemfert schreiben, sagt auch Herr Sinn. Er hat Recht.

     

    Beispiel Öl sparen:

    Wird tatsächlich der Ölverbrauch weltweit fallen, wenn Deutschland seinen massiv senkt? Das wäre nur der Fall, wenn gleichzeitig die Anbieter von Öl, die Ölscheichs, deshalb weniger Öl verkaufen. Doch es ist wahrscheinlich, dass diese sich einfach andere Absatzmärkte suchen, z.B. billiges Öl in Länder verkaufen, welche bislang weniger auf Autos gesetzt haben. Die Meinung von Herrn Sinn, wir brauchen schnell eine weltweite CO2-Steuer, um solche Effekte zu verhindern, teile ich.

     

    Somit: Herr Sinn ist zwar ein Freund von Atomkraft. Das bin ich nicht. Aber in vielen anderen Bereichen sind eher die deutschen Umweltverbände Dinosaurier. Sie finden Solardächer toll, aber die Frage, ob der Emissionshandel die Klimaschutzeffekte des EEG evtl. nicht tatsächlich wieder zum Großteil aufhebt, die soll nicht gestellt werden. Und wenn sie gestellt wird, glaubt man einfach einer Frau Kemfert, ohne auch nur irgendwie nachzuprüfen, ob diese Frau nicht aus Lobbygründen Sachen sagt, die kompletter Unfug sind.

  • C
    Christian334

    Man muss ja nicht jede These in Prof. Sinns Buch "Das grüne Paradoxon" teilen. Aber lesen sollte man das Buch schon, bevor man einen solchen Preis vergibt. Der Naturschutzbund hat das offenbar nicht getan.

     

    Um nur eine Frage aufzuwerfen, mit der sich Prof. Sinn beschäftigt:

    Sollen wir die Ölquellen weltweit versiegeln, damit nicht der ganze Kohlenstoff daraus in die Atmosphäre geblasen wird? Álles was wir im Moment für den Klimaschutz tun, bewirkt nämlich nur eine Verzögerung der Klimaerwärmung um einige Jahrzehnte.

    Diese Debatte führt leider sonst keiner.

  • HE
    Harald Eilers

    Herr Professor Sinn hat den Preis nicht verdient. Zurecht prangert er die Missstände der falschen Subventionspolitik und die negativen sozialen Folgen der erneuerbaren Energien an. Den Preis haben die Politiker in Berlin verdient!

    Am 16.03.2009 habe ich in einem offenen Brief alle Bundestagsabgeordnete informiert, wie eine sinnvolle Lösung aussehen kann (nachzulesen auf www.he-wt.com). Ich habe nur eine Antwort aus dem Büro des Bundesumweltministers erhalten – Er hat leider keine Zeit sich darum zu kümmern.

  • T
    thiotrix2002

    Zwei, drei, viele Männer wie Sinn braucht unser Land!

     

    "Der Ökonom sei ein "Dampfplauderer mit egoistischem Sendungsbewusstsein"...

    Da wird sich Herr Sinn aber sicher grämen, wenn ihm ein paar hysterische Umweltneurotiker einen solchen Quatschpreis verleihen.

    Leider hat Herr Sinn auf der ganzen Linie recht: gerade die Förderung der Photovoltaik in Deutschland ist eine völlig absurde Idee - für weniger als ein Prozent der Stromversorgung in Deutschland werden jedes Jahr höhere Milliardenbeträge aufgewendet; jede Kilowattstunde Solarstrom wird mit 43 Cent vergütet, fast das 10fache der Kosten für Strom aus Kohle-und Kernkraftwerken! Der Beitrag zur Verringerung der deutschen CO2-Emissionen ist lächerlich, im Weltmaßstab völlig bedeutungslos!

    Beser als Herr Sinn kann man es nicht ausdrücken: "Der Politik geht es bei den Solardächern und Windflügeln schon lange nicht mehr um den Treibhauseffekt, sondern um die Schaffung von Sakralbauten für das neue Glaubensbekenntnis." Danke, Herr Sinn!

    PS. Vor wenigen Tagen berichtete die "taz" ungewohnt sachlich über den geplanten Bau von gleich Kernkraftwerken in Abu Dhabi. Hier gäbe es doch Sonnenenergie im Überfluß, zusätzlich zu den drittgrößten Ölvorkommen der Welt! Offenbar gibt es in Abu Dhabi Politiker mit Sachverstand und Mut - und vor allem keine Deppentruppen vom Schlage NABU, Grüne, BUND und anderen Traumtänzern!