ABT. ABSTÜRZENDE IMPERIEN: Pech für die Banken
■ Kredite verschwinden in Maxwells Schuldenloch
London/Berlin (taz) — Das Vertrauen der Banken in den verstorbenen britischen Großverleger Robert Maxwell war absolut unberechtigt. Die 30 europäischen Geldinstitute müssen dafür jetzt bezahlen: Mehr als 500 Millionen Pfund (rund 1,5 Milliarden Mark) werden sie endgültig als Verlust abschreiben müssen. Das liest die britische Wirtschaftszeitung 'Financial Times‘ aus vertraulichen Unterlagen der britischen Wirtschaftsprüfer Coopers & Lybrand Deloitte heraus. Demnach haben Maxwells Privatfirmen Kredite in Höhe von 970 Millionen Pfund allein bei Banken aufgenommen, von denen 272 Millionen Pfund völlig ohne Sicherheiten gegeben wurden. Die Verluste, denen sich alle Kreditgeber Maxwells gegenübersehen, können sich am Ende auf deutlich über eine Milliarde Pfund summieren, vermutet die 'Financial Times‘.
Maxwells 32jähriger Sohn Kevin wies in einem Interview des britischen Boulevardblattes 'Daily Mirror‘ dennoch Spekulationen über einen Selbstmord seines Vaters zurück, der am 5. November von seiner Luxusjacht ins Meer gefallen war. Er könne aber nicht bestreiten, daß die Pressekommentare, in denen sein Vater als Betrüger bezeichnet wurde, angemessen seien, sagte Kevin Maxwell weiter. In den Monaten vor seinem Tod hatte Robert Maxwell hektisch versucht, mit unlauteren Finanztransaktionen einen Zusammenbruch seines völlig überschuldeten Firmengeflechts abzuwenden. So „lieh“ er sich „kurzfristig“ von der Bertelsmann-Druckerei in Berlin- Friedrichshain sechs Millionen Mark, die bislang nicht zurückgezahlt wurden. (Mit der Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr teilt sich Maxwell den Berliner Verlag.) Und dem Pensionsfonds seines börsennotierten Verlagskonzerns Mirror Group Newspapers entnahm er rund 350 Millionen Pfund, womit die betroffenen Pensionäre ihre Betriebsrenten ganz oder zum Teil verlieren werden.
Diese täten ihm „unendlich leid“, sagte Kevin Maxwell in dem Interview mit der auflagenstärksten Zeitung des väterlichen Imperiums. Hoffnung könne er ihnen aber nicht machen: „Ehrlicherweise muß ich sagen: Die Schulden sind so gewaltig, daß nichts übrigbleibt, wenn alles geregelt sein wird.“ Das Londoner Betrugsdezernat hat wegen der Verschiebung der teilweise bisher nicht auffindbaren Gelder eine Untersuchung eingeleitet. Die Ermittler schließen nicht aus, daß auch Kevin Maxwell wegen der Plünderung der Pensionsfonds belangt werden könnte. Der 32jährige erhielt die Erlaubnis, sich bis Freitag in New York um die Rettung des Boulevardblattes 'Daily News‘ zu bemühen. Am Sonntag hatte ein Gericht seinem Bruder Ian und ihm die Auflage gemacht, ihre Reisepässe abzugeben, bis der Verbleib der fehlenden Gelder geklärt sei. dri
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