: Patina und Wunderkerzen
■ “Jeremy Days“ starteten Deutschland-Tournee im gutbesuchten „Modernes“
Die Bühne im Modernes war in rote Lichtschleier gehüllt, der prall gefüllte Saal harrte der Dinge, die da kommen mochten. Und siehe da, kaum daß ein einziger Musikerfuß die Schwaden durchstach, brach begeisterter Jubel aus jungen Kehlen. Weiße und grüne Wunderkerzen wurden geschwenkt, und leuchtende Einwegfeuerzeuge wiesen den Matadoren den Weg.
Die unscheinbaren fünf Jeremy Days machten nicht einmal viel her. Ein, zwei modische Lockenköpfe, schwarze drumsticks, das war's schon. Kein Glitzer, kein bombastisches Outfit, dafür wohlwollende Adressen ans Publikum. Den ersten Auftritt der diesjährigen Tournee durften die Fans erleben, und die Band freute sich, „weil hier in Bremen immer alles Klasse war“. Nach soviel Nettigkeiten machte das Quintett auch Musik.
Ohne Zweifel, was da als „intelligenter Pop“ angekündigt war, hörte sich auch populär an. Von Keyboard und Gitarre getragene Melodiebögen flossen einschmeichelnd, durch wenig Breaks oder Effekte gestört, zusammen. Sänger Dirk Darmstädter steuerte unermüdlich Texte bei. Der erste Eindruck nach einer halben Stunde stellte die Jeremy Days in ein positives Licht nicht nur wegen der dezent-wirkungsvollen Ausleuchtung.
Aber was sich so hoffnungsvoll anließ, setzte schon bald Patina an. Die WörterLove, Pain und Hope wurden dia-gestützt an die Rückwand gestrahlt, als wollten uns die Männer auf der Bühne etwas sagen. Das taten sie aber nicht.
Eine gefällige Komposition nach der anderen schwappte durch das Modernes, doch das Liedgut verlor sich immer mehr in Allgemeinphrasen. Die Einheitsware wurde zu selten von Soli des soliden, aber nicht gerade spektakulären Gitarristen Christof Heilbut aufgelockert, zuletzt waren die Stücke kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Doch die ZuhörerInnen bestägtigten mit ihrem anhaltenden Beifall die Marschrichtung der Band, bloß kein Wagnis einzugehen.
Jürgen Francke
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