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Parzellen-PläneSPD nimmt Partei für die Parzellisten

■ Delegierte für Erhalt aller Kleingärten

Schon bevor die SPD-Delegierten den Sitzungssaal für den Parteitag ihres Unterbezirks Bremen-Stadt betraten, wurde ihnen klar gemacht, was an diesem Abend das Thema sein würde: Circa 30 Kleingärtner verteilten Flugblätter an Passanten und Delegierte und trugen Transparente mit Slogans wie „Kleingärtners Tod! Tut das Not?“ vor sich her.

Im Saal dann aber Ruhe und Ordnung: Die Parzellen-Kämpfer stellten sich samt Plakaten an den Wänden auf und nahmen brav hin, dass die Delegierten den Tagesordnungspunkt „Süd-erweiterung des Technologieparks“ nicht „aus aktuellem Anlass“ am Anfang behandeln wollten.

Die Delegierten wollten vorher über „Jekyll and Hyde“ reden und sich von Weserport-Geschäftsführer Jan Akkermann ein Multimedia-Spektakel über die Entwicklung der Häfen Bremens und Bremerhavens vorführen lassen.

Die Kleingärtner nutzten dann die Chance, den SPD-Delegierten ihre Enttäuschung vorzuführen. Hans-Ulrich Helms, Vorsitzender des Landesverbandes der Gartenfreunde, beschwor die integrative Kraft der Gartenanlage an sich: „Bei uns gibt es viele Ausländer und Arbeitslose, die auf ihren Parzellen arbeiten. Die fühlen sich durch den Plausch über'n Gartenzaun aufgewertet.“ Mehrere Sprecher der Kleingärtner drohten damit, nicht mehr SPD zu wählen, mit ihren Familien kämen die Kleingärtner auf 160.000 Stimmen, rechnete einer ihrer Vertreter vor.

Otto Giese vom bedrohten Kleingärtnerverein Kornblume ging die Bausenatorin direkt an: Es könne doch nicht angehen, dass die Kleingärtner jahrelang belogen werden und „dann kommt Tine Wischer und mit einem Mal ist alles wisch und weg.“ Bausenatorin Christine Wischer konterte mit dem Argument, „die Technologieparkentwicklung ist eine positive Entwicklung für Bremen.“ Die Stadt brauche gerade um die Universität „mehr Verdichtung, mehr Wohnen und urbanes Leben“ – also weniger Kleingärtner.

Wischer versuchte eine Annäherung an ihre Basis, als sie sich immerhin für den Antrag des Unterbezirks-Vorstandes stark machte, nach dem die Hälfte der Kleingärten der Technologie geopfert werden sollen. Dieses Papier des Unterbezirks Bremen-Stadt ist ein Kompromiss zwischen dem Senatsbeschluss, nach dem alle 770 Kleingärten perspektivisch weichen sollen, und dem kategorischen „Nein“ der Kleingärtner zu diesem Plan. Kleingärtner-Chef Hans-Ulrich Helms, selbst SPD-Mitglied, sieht die Zugeständnisse von Bausenatorin Tine Wischer (SPD) an die CDU als „Bankrott-erklärung“.

Der Kompromiss des UB-Vorstandes fand in der vorgelegten Form bei der SPD-Basis allerdings keine Zustimmung. Die große Mehrheit der Delegierten strich die Formel, dass „mindes-tens die Hälfte der vorhandenen Kleingärten“ erhalten werden sollten, und ersetzte sie durch die Klarstellung, alle vorhandenen Kleingärten „müssen dauerhaft gesichert“ werden.

Wolgang Grotheer, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks, war schon vorher zugunsten der Kleingärtner hinter den Kompromiss zurückgerudert und wertete gestern den Beschluss als eindeutige Parteinnahme für die Interessen der Kleingärtner. „Allen Planungen, die ohne die Beteiligung der Betroffenen erstellt wurden, ist eine Absage erteilt worden.“

Die CDU wollte ursprünglich mit dem Technologiepark ins Hollerland, dies wiederum ist für die SPD nicht tolerabel. „Wir erwarten, dass die CDU ihre Blockade aufgibt“, so der Wunsch Grotheers. Er hoffe, dass sich der Konflikt nicht hochschaukelt, aber „wenn ich mir die Erklärungen des Koalitonspartners angucke, wird das wohl ein Dauerbrenner bleiben.“

juka

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