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Parteitag der HDPDie neuen Vorsitzenden

Über ein Jahr ist seit der Verhaftung der Co-Vorsitzenden Yüksekdağ und Demirtaş vergangen. Jetzt hat die Partei neue Vorsitzende gewählt

Die neuen Co-Vorsitzenden Buldan (links) und Temelli (rechts), in der Mitte Serpil Kemalbay Foto: dpa

Der Co-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtaş, der seit November 2016 inhaftiert ist, hat sich auf dem 3. ordentlichen Kongress der linken prokurdischen Oppositionspartei HDP am 11. Februar in Ankara nicht zur Wiederwahl aufstellen lassen. An die Stelle der ebenfalls inhaftierten Co-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ trat eine Weile kommissarisch Serpil Kemalbay. Nachdem Kemalbay ihr Amt beim diesjährigen Kongress abgegeben hatte, wurde sie am 13. Februar festgenommen. Auf dem Kongress wurden Pervin Buldan und Sezai Temelli mit 823 von 837 Stimmen zu den neuen Co-Vorsitzenden der HDP gewählt. Während Pervin Buldan als Politikerin in der Öffentlichkeit bekannt ist, gilt Temelli in der türkischen Politik als neues Gesicht. Nach dem Parteitag leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die neue Co-Vorsitzende Buldan und den Parlamentsabgeordneten Sırrı Süreyya Önder ein.

Pervin Buldan ist in der Politik aktiv, seit ihr zweites Kind geboren worden ist – an dem Tag, an dem ihr entführter Ehemann ermordet aufgefunden wurde. Im Jahr 2005 wurde Buldan für den Friedens-Nobelpreis nominiert.

Buldan, geboren 1967 in Hakkari, arbeitete nach ihrem Schulabschluss kurze Zeit als Beamtin in der Provinzbehörde im osttürkischen Iğdır. Ihr Ehemann Savaş Buldan wurde am 2. Juni 1994 entführt und zwei Tage später Opfer eines politischen Mordes. Seit 1995 nahm Buldan vier Jahre lang an den Protesten der Samstagsmütter teil. Die Samstagmütter sind eine aktivistische Gruppe, die von Frauen gegründet wurde, deren Angehörige verschwunden sind und die jede Woche auf dem Istiklal Boulevard einen Sitzstreik machen und die Aufklärung der Fälle fordern. In der gleichen Zeit trat sie der 1994 gegründeten prokurdischen Partei HADEP bei, die 2003 wegen des Vorwurfs, das „Zentrum einer illegalen Organisation“ zu sein, verboten wurde. Zwei Legislaturperioden war sie Parteivorsitzende.

Pervin Buldan ist eine von 1.000 Frauen, die im Jahr 2005 für den Friedensnobelpreis nominiert waren. 2007 gewann sie die Wahlen in Iğdır als unabhängige Kandidatin und zog als erste weibliche Abgeordnete ins Parlament ein. Später wechselte Buldan zur prokurdischen DTP und begann, als diese verboten wurde, sich in deren Nachfolgerpartei BDP zu engagieren. Am 1. November 2015 wurde Pervin Buldan als Abgeordnete von Istanbul ins türkische Parlament gewählt.

Nach dem Parteitag leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen sie und den Parlamentsabgeordneten Sırrı Sürreyya Önder ein. Die Vorwürfe gegen Buldan lauten „Terrorpropaganda“, „Volksverhetzung“ und „Verherrlichung von Verbrechen und Kriminellen“. Am 20. Januar 2018 hatte sie die türkischen Streitkräfte (TSK) und deren Militäroffensive „Olivenzweig“ im nordsyrischen Afrin kritisiert und zivile Opfer beklagt.

Sezai Temelli, der zweite neue Co-Vorsitzdende der HDP, wurde vor seiner Wahl von einer Universität suspendiert. Er gehört zu den zahlreichen Akademikern, die von der Regierung ins Visier genommen wurden. Zugleich ist er Mitbegründer der prokurdisch-linken Partei HDP und Gewerkschafter.

Temelli wurde 1963 in Istanbul geboren. An der Istanbul Universität schloss er an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften ein Studium im Bereich Finanzen ab und promovierte im selben Bereich. Später arbeitete er an der Istanbul Universität als Lehrperson im Bereich Politik- und Verwaltungswissenschaften im Fach Finanzverwaltung. Nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 traf der Ausnahmezustand auch Temelli: Mit dem Notstandsdekrets Nr. 675 wurde er als Dozent an der Universität Istanbul suspendiert.

Temelli engagierte sich lange Zeit in der Partei für Freiheit und Solidarität (ÖDP), aus der er 2009 austrat. 2013 gehörte er zu den Gründern der prokurdisch-linken Partei HDP. Am 7. Juni 2015 wurde Temelli in Istanbul als Abgeordneter für die 25. Legislaturperiode der des türkischen Parlaments gewählt. Bei der Neuwahl am 1. November 2015 trat er erneut an, erhielt dieses Mal aber kein Mandat. Er arbeitete als Vize-Vorsitzender der Partei, verantwortlich für den Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Temelli ist Mitglied der Bildungsgewerkschaften „Gewerkschaft der Lehrpersonen“ (ÖES) und in der Gewerkschaft der Bildungs- und Wissenschaftsarbeiter (Eğitim Sen). Er ist verheiratet und hat ein Kind.

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