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Parteienforscher über Guido Westerwelle"Er ist nicht lernfähig genug"

Um seiner Partei zu nutzen, muss Guido Westerwelle den Vorsitz aufgeben, sagt Parteienforscher Ulrich von Alemann. Er sieht drei mögliche Nachfolger.

"Die hermetische Abgeschlossenheit gegenüber der Außenwelt ist sein größter Fehler." Bild: dpa
Sabine am Orde
Interview von Sabine am Orde

taz: Herr von Alemann, kann Guido Westerwelle seine Partei retten, indem er das Amt des Vorsitzenden aufgibt?

Ulrich von Alemann: Er würde seiner Partei nutzen, wenn er es aufgibt. Inzwischen ist die Angst, dass die FDP bald in einigen Landtagen nicht mehr vertreten sein wird, so groß, dass sich in der Partei Panik breitmacht. Der Ruf nach dem Rücktritt wird immer lauter werden.

Was wäre ein guter Termin?

Auf dem normalen Parteitag im Mai wird turnusgemäß die Spitze gewählt. Wenn Westerwelle ankündigt, nicht mehr anzutreten, könnte er sein Gesicht wahren. Aber vorher sind die wichtigen Landtagswahlen unter anderem in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz, bei der es um die Existenz der FDP in den Landtagen geht. Trotzdem gehe ich nicht davon aus, dass er freiwillig gehen wird.

Kommt es dann zum Putsch?

Nicht vor den Landtagswahlen.

Wer könnte auf Westerwelle folgen?

Es gibt drei Kandidaten: Wirtschaftsminister Brüderle als Elder Statesman, der Übergangsvorsitzender werden könnte, oder einer von den beiden Jungen: Generalsekretär Lindner oder Gesundheitsminister Rösler. Rösler halte ich allerdings eher für unwahrscheinlich.

Bild: dpa
Im Interview: 

Ulrich von Alemann, 66, ist Parteienforscher und Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

Lindner ist noch sehr jung, Brüderle alt und wenig profiliert.

Es gibt aber keinen anderen Kandidaten, das Reservoir an Führungspersönlichkeiten ist in der FDP - wie in allen Parteien - sehr übersichtlich. Brüderle ist ja immer als provinziell verspottet worden, aber in den letzten Monaten hat er sich in der Bundesregierung als stabiler Anker erwiesen. Das hat ihm Sympathien eingebracht. Viele wollen jetzt vor allem Verlässlichkeit.

Was war Westerwelles größter Fehler?

Die hermetische Abgeschlossenheit gegenüber der Außenwelt ist sein größter Fehler. Er hat Kritik nicht wahrgenommen und total unterschätzt. Und er ist nicht lernfähig genug. Erst heute hat er in einem Interview gesagt: Wir müssen mehr über unsere Erfolge reden. Aber es gibt gerade keine Erfolge. Und er sagt auch: Wir dürfen uns nicht von unserem Kurs abbringen lassen. Dabei muss die FDP dringend über ihren Kurs nachdenken.

Warum ist der Mann eigentlich so unbeliebt? Jeder Außenminister vor ihm hatte hohe Beliebtheitswerte.

Das liegt an der Schärfe seiner politischen Rhetorik, an seiner Angriffssprache und seiner großen Ich-Bezogenheit. Er strahlt aus: Ich bin die FDP - und das fällt jetzt auf ihn zurück.

Welche Rolle spielt die inhaltliche Aufstellung der FDP?

Die Engführung der FDP auf die Themen Steuersenkungen und Wirtschaft schadet der Partei sehr. Sie braucht auch den linksliberalen Flügel, und der ist unter Westerwelle verkümmert.

Könnten Brüderle oder Lindner eine Öffnung diesem Flügel gegenüber glaubhaft verkörpern?

Ja, beide. Brüderle hat ja Erfahrung mit einer SPD-FDP-Koalition in Rheinland-Pfalz, und auch Lindner hat immer Aufgeschlossenheit signalisiert.

Die Sarrazin-Debatte hat gezeigt, dass es in Deutschland Potenzial für eine rechtspopulistische Partei gibt. Wird die FDP versuchen, da Stimmen zu gewinnen?

Das glaube ich nicht. Die FDP ist ja mit einer solchen Strategie Anfang des Jahrtausends schon mal schwer auf den Hosenboden gefallen. Möllemann ist mit seinen antisemitischen Untertönen total gescheitert. Bislang hat es auf Bundesebene keine Partei geschafft, aus Rechtspopulismus Kapital zu schlagen.

Wird sich die FDP aus ihrer Krise dauerhaft erholen?

Sicher. Die FDP ist nicht vom Untergang bedroht. Wenn sie beide Richtungen zusammenführt, kann sie langfristig wieder an 10 Prozent herankommen.

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15 Kommentare

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  • C
    Celsus

    Na klar. Die Lernfähigkeit. Singt einer in der Toilette der Kneipe: "Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei!"

    Ruft einer aus der Kneipe: "Mensch Guido, geh doch näher ran."

  • K
    KritikerDerReformKritiker

    es geht nicht um Westerwelle, es geht um die Inhalte der FDP-Politik, die zur Zeit realisiert wird und wurde. Die BürgerInnen fanden die Reden gut, sind aber plötzlich selbst betroffen!

  • HR
    Heike Rogall

    Aha, wiedereinmal hat ein Parteienforscher seinen Senf dazu gegeben. Keine Ahnung was diese "Experten" sonst so erforschen, jedenfalls von der allgemeinen Stimmung sind die genausoweit entfernt wie deren "erforschte" Politiker *lol*

  • MK
    Michaela K.

    Schaut man aus dem Fenster und sieht die schneebedeckten Autos, Dächer und Bäume sieht alles so friedlich aus, wie im Märchen... ein Wintermärchen. Offenbar scheint dieses Wintermärchen ein Happy End zu haben, für Deutschland. Der personifizierte Witz Westerwelle scheint zu gehen. Endlich sehen auch die eigenen eher schneeblinden Mittäter in der FDP ein, dass es Zeit ist für eine Auflösung, mindestens eine Auflösung des Witzes dem jede Pointe abhanden gekommen ist. Apropos Schnee... auf Ebay hat jemand ein "satirisches Kunstwerk" von Westerwelle eingestellt, er nennt es "Westerwelle schmilzt dahin wie ein Schneehaufen": http://cgi.ebay.de/120660873554 Trotz des schönen Anblicks da draussen hofft man hierbei auf wärmere Temperaturen auf dass es schnell geht, mit dem Wegschmelzen. Was von Westerwelle bleibt lässt sich jetzt schon erkennen: Matsch.

  • P
    Pyro

    Westerwelle muss bleiben. Noch nie war Politik so unterhaltsam wie der Bedeutungsverlust einer Regierungspartei heute!

    Lieber Herr Westerwelle: Danke für die morgendliche gute Laune, wenn ihre hunmoristischen Einlagen (genannt: "politische Reden") wieder auftauchen.

  • D
    dreika

    Die Stimme! Vielleicht ist es nicht zuletzt die Stimmlage.Wer soll einer so hohen, schrillen Stimme vertrauen? Bestimmt gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse dazu...

  • T
    Tom

    Fällt der Visabetrug und die Korruption nicht auch in die Verantwortung von Guido W. ?

    Aber das passt ja zu der Mövenpick Partei.

     

    Die Presse schenkt diesem Haufen viel zu viel Aufmerksamkeit. Man kann sich als Demokrat und zum Wohle Deutschlands nur wünschen das diese Partei sich bald selbst erledigt.

  • M
    Michael

    Wie war das neulich im Radio:FDP Delegation zu Besuch beim Papst, sie werden vorgelassen, der Papst erblickt Westerwelle und ruft auf die Knie sinkend:

    "Oh mein Gott steh mir bei"

    Westerwelle rennt auf ihn zu und sagt: bin schon da wie kann ich helfen.

    Soviel dazu

  • WB
    Wolfgang Banse

    Eine Kragenweite zu weit

    Das Amt des Parteivorsitzenden der FDP ist eine

    Kragenweite zu weit,was Guido Westerwelle anbetrifft.

    Eine Partei die immer dahin tendiert,wo sie auf Landes-und auf Bundesebene mit regieren kann,die sich als Partei der Besserverdienenden versteht kann sich einen Parteivorsitzenden wie Guido Westerwelle nicht Parteivorsitzenden leisten.

    Guido Westerwelle tritt zu oft ins Fettnäpfchen,was das Ansehen der Besserverdienenden Partei schadet.

    Die Umfragewerte der FDP auf Landes-und

    Bundesebene sind gesungen.Von einer 18%Partei

    ist die Partei weit weit entfernt.

    Die FDP muss sich auf Grund auf erneuern,um wieder Gesellschafts-und Regierungsfähig zu werden.

    Wolfgang Banse

  • T
    Tobias

    Rösler würde ich gut finden, jemand mit Migrationshintergrund ganz oben in der Partei wäre doch wirklich was tolles :)

     

    Das würde ihn auch durch Linke und Grüne nicht mehr angreifbar machen, sonst müsste man die Parteien ganz klar als rassistisch brandmarken.

  • T
    Taktikfuchs

    Ich hoffe, dass Westerwelle FDP-Chef bleibt. Das macht es für die Opposition leichter.

  • G
    GonZoo

    Die FDP senkt nicht die Steuern, sie steuert in die Senke, sagt der Volxmund.

     

    Eine andere Weisheit lautet, daß hinter einem miesen Poltiker immer eine miese Partei steckt.

     

    Wenn Westerwelle heute zurücktreten würde hätten die Wähler noch bis zu den Wahlem im Frühjahr Zeit, eine erstaunliche Feststellung zu machen:

     

    Der Rest der Partei ist noch schlimmer.

     

    Der steht für dasselbe Programm, hat aber nicht einmal Unterhaltungswert, im Gegensatz zur Diva Westerwelle.

  • D
    D.B.

    "Er ist nicht lernfähig genug"

     

    Herr Alemann ist ein höflicher, gut erzogener Mann. Deshalb fällt sein Urteil über Herrn Westerwelle respektvoll und freundlich aus.

     

    Ich dagegen würd es anders formulieren:

    Westerwelle ist nicht nur nicht lernfähig, sondern seine Überheblichkeit und seine Selbsteinschätzung zeugen von einem kaum zu übertreffenden Größenwahn.

  • F
    Frank

    Da sinniert nicht irgendein Stammtischkumpel; Hier meldet sich ein "Parteienforscher" und "Professor der Politikwissenschaft" zu Wort.

    Messerscharfe Analysen (kein Putsch vor den Landtagswahlen) und konstruktrive Kritikfaehigkeit (3 Alternativen, inclusive Wahrscheinlichkeitsbewertung und Langzeitprognose).

    Das unterscheidet bildungsferne Schichten von der studierten Fachwelt mit Bildungsauftrag.

     

    Was bedeutet es wenn ein Wirtschaftsminister Brüderle Marktwirtschaftler reinsten Wassers, wie es ein langjähriger Mitstreiter ausdrückt, Subventionen radikal kürzen will, den Kündigungsschutz lockern, ausdrücklicher Gegner des Mindestlohns, befuerchtet das die Castro-Brüder aus Kuba eine Freundschaftsdelegation zum nächsten CDU-Bundesparteitag schicken ?

    Ist das gut oder schlecht ? Ein Erfolg oder Misserfolg ? Und fuer wen ?

     

    Was bedeutet es, wenn ein Gesundheitsminister Roessler, aufbauend nicht zuletzt auf der Abschaffung der paritaetischen Finanzierung der Krankenkassenbeitraege durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den gesetzlichen Krankenkassen mehr Autonomie in der Beitragsgestaltung und mehr Moeglichkeiten fuer das Eintreiben von Zusatzbeitraegen „erkaempft“ ?

    Ist das gut oder schlecht ? Ein Erfolg oder Misserfolg ? Und fuer wen ?

     

    Was bedeutet es, wenn ein Generalsekretaer Lindner, der seine Partei als Denkfabrik zu positionieren gedenkt, ueber Steuern sinniert welche einem sozial ausgewogenen Sparprogramm

    gleichzusetzen sind, deswegen spaeter dann die Bürger an den Konsolidierungserfolgen über eine Spardividende in Form einer Steuerentlastung beteiligt sehen moechte, aber prinzipiell als eigenstaendiger Kopf ohne Umwege lieber gleich an der Ausgabenseite neue Wege aufzuzeigen weiss?

    Ist das gut oder schlecht ? Ein Erfolg oder Misserfolg ? Und fuer wen ?

     

    Das sind Fragen, Fragen, Fragen...

    Darauf muss ein Professor, und sollte erst recht niemand der beabsicht solcherlei Berufung zur Professur zu erhalten, gerade keine Anwort geben! Der Erfolg von Politik, unabhaengig von deren Wirkung auf Mensch und Umwelt, ist zu befoerdern.

    Das einzige Erfolgskriterium von Politik ist in der Demokratie die Wahl. Die Beantwortung der Fragen oben, wuerde da eher die „Politikverdrossenheit“ befluegeln.

    Also erarbeitet man „wissenschaftlich“ Selbstdarstellungsstrategien die geeignet erscheinen, die Erfolgsaussichten von Wiederwahl, als Mindestziel den Erhalt als Fraktion, zu gewaehrleisten.

     

    Darum kann man auch, probieren Sie es einfachmal aus, wenn man den Namen der Partei und entsprechend die Namen der Parteimitglieder austauscht, den ganzen Senf fuer jede x-beliebige Partei irgendwo auf der Welt abliefern.

    Aber vorsicht liebe Auszubildenden! Wenn der Professor -euch- fragt heisst es mitschreiben, auswendig lernen und abliefern! Jawohl Herr Professor. Sonst wird es nichts mit eurer Ausbildung.

  • T
    txxx666

    Es wäre auf alle Fälle das größte politische Verdienst des Herrn Dr. Westerwelle, wenn er die längst überflüssig gewordene FDP durch sein hartnäckiges Kleben am Stuhl des Vorsitzenden für immer in die Marginalität treiben würde...