Parteienfinanzierung: Parteien räumen ordentlich ab
Das Abgeordnetenhaus stellt Parteien seine Räume meist kostenlos zur Verfügung. Ganz anders der Bundestag, der dies für eine unerlaubte Spende hält. Den Parteien drohen nun empfindliche Geldstrafen. Grüne, SPD und FDP geben sich ahnungslos.
Im Bundestag bekommen die Parteien keine kostenlosen Räume für Parteiveranstaltungen - denn das würde gegen das Parteiengesetz verstoßen, findet die Bundestagsverwaltung. Das Berliner Abgeordnetenhaus legt die gleiche Vorschrift dagegen großzügiger aus. Davon profitieren die Berliner Landesverbände der Parteien: Sie konnten die Räume im Parlamentsgebäude bisher für viele Veranstaltungen kostenlos nutzen. Jetzt aber müssen sie wegen dieses möglichen Verstoßes gegen das Parteiengesetz Strafzahlungen fürchten.
Im Jahr 1992 hatte das Bundesverfassungsgericht eine "absolute Obergrenze" eingeführt für "das Gesamtvolumen staatlicher Mittel, die den Parteien äußerstenfalls von Bund und Ländern insgesamt zugewendet werden dürfen". Diese Obergrenze liegt bei 133 Millionen Euro. Der Präsident des Bundestages entscheidet nach festen Kriterien, welche Partei wie viel davon erhält.
Damit diese Obergrenze nicht umgangen wird, legt das Parteiengesetz fest, dass die Parteien keine Spenden vom Staat annehmen dürfen. Und nicht nur direkte Geldflüsse zählen als Spende, sondern auch so genannte geldwerte Leistungen. BMW zum Beispiel stellt einigen Parteien kostenlos Autos zur Verfügung. Die Parteien müssen den Betrag, den sie für das Leasing beim Autohändler zahlen müssten, im Rechenschaftsbericht als Spende von BMW ausweisen.
Auch kostenlose Räume sind eine Spende. Claus Hinterleitner, Sprecher der Bundestagsverwaltung: "Wir stellen den Parteien im Bundestag keine kostenlosen Räume zur Verfügung, weil diese geldwerte Leistung als unzulässige Spende zu werten wäre."
Ganz anders im Berliner Abgeordnetenhaus. Die Mitglieder des Präsidiums, in dem Abgeordnete von SPD, CDU, Linken, Grünen und FDP vertreten sind, haben beschlossen: Die Parteien SPD, CDU, Linke, Grüne und FDP können Räume im Haus kostenlos nutzen. Und zwar für Sitzungen aller Gremien, die in einer "Positivliste" aufgeführt sind: Landesvorstand, kleiner Landesparteitag, Arbeitskreise. Entsprechend rege werden die Räume von den Parteien genutzt.
Bei der SPD tagen zum Beispiel die zehn Fachausschüsse der Partei häufig im Abgeordnetenhaus, andere Gremien selten bis nie. Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz sieht darin "keine Privilegierung von Parteien, die in irgendeiner Form problematisch wäre". Außerdem liege "die Entscheidung, wem die Räume kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, beim demokratisch legitimierten Abgeordnetenhaus".
Abgeordnetenhaus-Sprecherin Beate Radschikowsky sagt, die kostenlose Vermietung sei ein "schon lange übliches Verfahren, das alle hier immer ohne Bedenken als rechtmäßig angesehen haben". Ob das Abgeordnetenhaus bei der Einführung der kostenlosen Räume überprüft hat, ob die Parteien das auch annehmen dürfen, lasse sich auf die Schnelle nicht nachvollziehen - das sei schon zu lange her.
Auch bei der FDP tagen nach Auskunft der Geschäftsstelle nur die Arbeitskreise regelmäßig im Abgeordnetenhaus. Die Auffassung, wonach dies eine unzulässige Spende sei, "ist uns bisher nicht geläufig", heißt es in einer Stellungnahme.
Bei den Grünen nutzen die Arbeitskreise regelmäßig Räume im Parlament, andere Gremien dagegen nur "äußerst selten", so Schatzmeister Marc Urbatsch. Die Partei verhalte sich "konform zu den vom Abgeordnetenhaus aufgestellten Regeln. Es handelt sich bei der Raumnutzung auch nicht um eine Spende - schließlich darf innerhalb dieses Regelwerks jede und jeder die Parlamentsräume nutzen."
Am Ende wird die Auffassung der Bundestagsverwaltung gelten. Die ist dafür zuständig, Verstöße gegen das Parteiengesetz zu prüfen und Strafen zu verhängen. Und wenn die Bundestagsverwaltung hier einen Verstoß sieht, droht als maximale Strafe für die Parteien der dreifache Wert der gesparten Miete. Bisher ist aber unklar, ob der Bundestag die Berliner Sonderbehandlung überhaupt prüfen wird.
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