Parteien: 195 Jahre schlafen
■ Bremer Landes-SPD trifft sich zu ihrem traditionellen Siebenschläfer-Parteitag
Am heutigen Freitag beginnt in Vegesack der traditionelle Siebenschläfer-Parteitag der Bremer Landes-SPD. Bekanntlich gilt die alte deutsche Wetterregel, daß, wenn es an einem SPD-Parteitag regnet, es noch sieben weitere Wochen regnen wird. Delegierte und Prominenz sind sich bereits sicher, daß es „Anträge regnen“wird, wie „Ehrensiebenschläfer“Oskar Lafontaine vorab in scherzhafter Absicht gegenüber der Presse äußerte. So will der Unterbezirk Bremen-Stadt beantragen, daß ein „großzügig zu bemessendes“Beschäftigungsprogramm aufgelegt wird, dessen Finanzierung (30 Milliarden pro Jahr) sich von selbst finanziert. Der UB-Nord dagegen wird den „friedlichen Ausstieg aus der Atomwirtschaft“beantragen.
Mitnichten hat der Siebenschläfer-Parteitag, wie von Spöttern oft behauptet, mit dem Siebenschläfer (Glis glis), einem Angehörigen der Unterfamilie der Schlafmäuse, die wiederum zu den Bilchen (Gliridae) zählen, zu schaffen. Alle Anzüglichkeiten hinsichtlich der fortgesetzten Schläfrigkeit des Siebenschläfers und seiner Neigung zum Schneckenfressen und Krötenschlucken entbehren jeglicher Grundlage.
Der Siebenschläfer-Parteitag beruft sich in Wahrheit auf eine christliche Überlieferung, nach der einst während der Christenverfolgung unter Kaiser Decius (251 n.Chr.) sieben Brüder (Maximianus, Malchus, Martinianus, Dionysius, Johannes, Serapion und Constantinus) sich in eine Höhle flüchteten. Dort eingemauert, schlummerten sie bis 446 n. Chr., um danach dem Kaiser die Auferstehung von den Toten zu beweisen. Der Siebenschläfer-Parteitag verweist darum nicht auf den Winterschlaf von Glis glis, sondern auf einen insgesamt 195-jährigen Schlaf. Da die deutsche Sozialdemokratie aber bereits weit über 100 Jahre alt ist, ist ein Ende des Schlafes absehbar.
Unnütze Information: Neben Schlafbilchen und Salzkrautbilchen gibt es auch Stachelbilche. Jedoch (s.o.) niemals auf SPD-Parteitagen. Burkhard Straßmann
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