Parteichef Körner über linke Ex-Piraten: „Vielleicht ist es ganz gut“
Prominente Ex-Mitglieder verlassen die Piraten nicht nur, sondern werben nun auch für die Linke. Nicht schlimm, kontert der Parteivorsitzende.
taz: Herr Körner, wann laufen Sie zur Linkspartei über?
Stefan Körner: Das fällt mir nicht im Traum ein.
Wieso nicht?
Die Linkspartei verkörpert alles, was mir eigentlich zuwider ist: Sie ist eine traditionelle Partei mit verkrusteten Strukturen und den üblichen Seilschaften. Es gibt gute Gründe, warum die Piratenpartei gegründet wurde. Dazu gehört auch der Gedanke, Politik anders zu gestalten.
Dafür laufen Ihnen die Mandatsträger davon, und es sieht nicht danach aus, dass in absehbarer Zeit neue dazukommen. Können Piraten überhaupt noch etwas bewegen?
Politik ist ein Geschäft mit ganz langem Atem. Wenn man das Handtuch wirft, weil es mal ein oder zwei Jahre weniger toll läuft, dann ist man im falschen Metier tätig.
Sie glauben also wirklich noch, dass ihre Umfragewerte irgendwann wieder steigen?
Davon bin ich überzeugt. Das ist ähnlich wie bei den Grünen in ihrer Anfangszeit: Wir haben ein Thema, das unglaublich wichtig ist. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen dieses Thema so nahe zu bringen, dass sie unsere Einschätzung der Bedeutung teilen. Dann sind Wahlergebnisse von über fünf Prozent auch sehr realistisch.
47, ist seit 2014 der Bundesvorsitzende der Piratenpartei. Der freiberufliche Softwareentwickler wird dem liberalen Parteiflügel zugerechnet.
Mittlerweile sind ihre Themen aber bei den anderen Parteien angekommen. Die Piraten haben sich sozusagen überflüssig gemacht.
Ja und Nein. Tatsächlich sagt sogar Frau Merkel, dass Daten der Rohstoff der Zukunft sind. Aber wenn im zweiten Satz die Rede davon ist, dass man Datenschutz nicht überbewerten dürfe, geht das in die falsche Richtung. Keine der Parteien hat in der Vergangenheit glaubwürdig darstellen können, dass sie im Zweifel ernsthaft für diese Themen kämpft.
Sprechen wir über die Machtverteilung in der Piratenpartei: Die 36, die sich jetzt von Ihnen absetzen, gehörten zum linken Flügel. Heißt das im Umkehrschluss, dass Ihre Partei nun nach rechts rückt?
Rechts ist für uns die AfD. Und damit will keiner von uns ernsthaft etwas zu tun haben. Ich würde eher sagen, dass wir ein kleines Stück zurück in die Mitte rücken. Wenn diejenigen gehen, die am weitesten links stehen, können wir wieder gemäßigte Interessenten und Wähler ansprechen.
Sie finden es also nicht schade, dass die 36 weg sind?
Wenn Menschen ihre politischen Vorstellungen in einer Partei nicht mehr vertreten sehen, dann ist es vielleicht ganz gut, wenn sie den Schritt wagen und sagen: Das ist es dann halt nicht.
In einer ersten Reaktion haben sie getwittert die Linkspartei müsse jetzt „ganz stark sein“. Wie ist das denn zu verstehen?
In der Erklärung dieser Gruppe steht, dass sie die Linkspartei kritisch und solidarisch begleite wolle. Und ich weiß nicht, ob eine kritische Begleitung durch den ein oder anderen aus dieser Gruppe die Linkspartei wirklich voranbringt. Aber das ist nicht unser Problem.
Sie prophezeien also, dass sich die Linkspartei mit ihren neuen Freunden Streit ins Haus holt?
Das will ich nicht beurteilen. Aber ich kenne ja die Leute, die diese Erklärung unterzeichnet haben. Und darunter sind durchaus streitbare Geister.
Sie selbst stecken jetzt aber auch in einer schwierigen Situation: In den Parlamenten sprechen Leute für die Piraten, die mit Ihrer Partei nichts mehr am Hut haben wollen. Wie soll die Zusammenarbeit in den nächsten Monaten funktionieren?
Das ist tatsächlich ein kleines Problem. Ich glaube aber, dass diejenigen weniger uns schaden, sondern vor allem sich selbst. Denn wenn man Mitglied einer Fraktion ist, aber öffentlich sagt, man finde die Partei dahinter doof - dann wirkt man natürlich nicht glaubwürdig.
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