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Partei speckt Pläne abFDP senkt Steuersenkung

Die FDP dampft ihr Steuerkonzept ein und erntet prompt Lob vom Koalitionspartner. Die Opposition hält das Konzept für "nicht finanzierbar" und warnt vor Sozialkürzungen.

Vom Steuerkonzept zum Steuerkonzeptchen: Hermann Otto Solms und Andreas Pinkwart (FDP). Bild: dpa

Die FDP will bis 2013 die Steuerbelastung der Bürger um 16 Milliarden Euro senken. Ein am Dienstag präsentiertes Steuerkonzept der Partei sieht unter anderem vor, Bezieher mittlerer Löhne durch einen fünfstufigen Einkommensteuertarif finanziell zu entlasten. Im Gegenzug wollen die Freidemokraten Ausnahmen von der Steuerpflicht beseitigen. Zugleich sollen die Einsparungen die Haushalte der Kommunen nicht belasten.

"Wir gehen in keiner Weise von unseren Forderungen ab", erklärte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms bei der Vorstellung der Pläne in Berlin. Das Konzept, das ein Parteitag am 24. April voraussichtlich beschließen wird, sieht laut Solms eine "umfangreiche Vereinfachung des Steuerrechts" vor. Zwar wisse auch die FDP um die Folgen der Wirtschaftskrise für die öffentlichen Haushalte. "Wir sind ja nicht blind und realitätsfern", urteilte Solms. Dennoch sei eine steuerliche Entlastung möglich.

Die FDP peilt von 2012 an eine Steuerentlastung im Umfang von bis zu 16 Milliarden Euro pro Jahr an. Bislang war zwischen Union und FDP strittig gewesen, ob weitere Steuersenkungen 2011 oder 2012 in Kraft treten sollen. Das Einkommensteuersystem soll auf ein Modell mit fünf Tarifstufen umgestellt werden (siehe unten). Davon sollen laut FDP-Konzept "ausschließlich Einkommen zwischen 8.000 und 53.000 Euro im Jahr" profitieren. Die sogenannte Reichensteuer, also der dreiprozentige Steuerzuschlag auf Einkommen über rund 250.000 Euro, bleibt als fünfte Stufe erhalten. Noch im Bundestagswahlkampf hatte die FDP einen radikaleren Umbau des Steuersystems mit nur drei Tarifstufen verlangt. Die Entlastung sollte bei 35 Milliarden Euro pro Jahr liegen.

"Entscheidend für uns ist, dass die Entlastung noch in dieser Legislaturperiode in Kraft tritt", sagte Solms. Damit werde das Versprechen des schwarz-gelben Koalitionsvertrags erfüllt. Dieser sieht "im Laufe der Legislaturperiode" Entlastungen "insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensbereiche" sowie für Familien von insgesamt 24 Milliarden Euro vor. Zu Jahresbeginn traten Steuersenkungen im Umfang von rund 8 Milliarden Euro in Kraft.

Andreas Pinkwart, der FDP-Spitzenkandidat bei der NRW-Landtagswahl und Mitverfasser des neuen Konzepts, verweist auf einen "sehr hohen Selbstfinanzierungseffekt" der Steuersenkungen. Bürger hätten so größere Anreize zu arbeiten. Zudem ließe sich durch Kürzungen bei Subventionen viel Geld sparen. Allein ein früherer Ausstieg aus der Kohleförderung in NRW, so Pinkwart, brächte pro Jahr 500 Millionen Euro.

Der Finanzexperte der Unions-Fraktion im Bundestag, Michael Meister (CDU), lobte, "dass die FDP jetzt von einem Entlastungsvolumen von 16 Milliarden Euro spricht". Ob es letztlich "zu dieser Summe kommt, würde ich heute aber nicht unterschreiben". Die SPD hält das Konzept für "nicht finanzierbar". Einen finanziellen Spielraum für Steuersenkungen "gibt es in den öffentlichen Haushalten weder 2011, noch 2012, noch 2013", urteilt der Vizefraktionsvorsitzende Joachim Poß. "Selbst bei völligem Verzicht auf jede weitere Steuerentlastung bedarf es noch größter Konsolidierungsanstrengungen und einer sehr günstigen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung, um bis 2013 die Vorgaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes und der neuen Schuldengrenze zu erfüllen."

Der Kofraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, bezweifelt, dass die Steuersenkungen sich zu großen Teilen selbst finanzieren: "Durch Kürzungen im Sozialbereich, bei Bildung, Kultur und Infrastruktur werden die Schwächeren die Entlastung der Gutverdienenden bezahlen", sagte Trittin.

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12 Kommentare

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  • E
    evanovka

    zu Stufen vs. Kurve:

    duke hat da vollkommen recht... und interessant ist doch auch, dass aus den ursprünglich geplanten 3 Stufen nun schon 5 geworden sind ... vielleicht kann man sich von einem Mathematiker mal erklären lassen, dass eine Kurve im Prinzip ja auch ein Stufenmodell (mit unendlich vielen Stufen) ist, mit dem z. B. moderne Rechenknechte völlig problemlos zurechtkommen... der praktische Vorteil von Funktionen gegenüber Wertetabellen sollte eigentlich auch bekannt sein, "einfacher" wird durch Stufen garantiert nichts.... ist also wohl ein reines Ablenkungsmanöver. Das leider anscheinend gut funktioniert :(

  • A
    azhjhjkh

    Braucht Jemand der 53000 Euro im Jahr verdient eine Steuererleichterung?

  • F
    Fred

    Die FDP denkt wohl dass sie mit ihren leeren Versprechungen wieder Wähler in NRW gewinnen kann.

     

    Gefragt sind allerdings im Moment Politiker die einen soliden Haushaltplan aufstellen und umsetzen können.

     

    Der Bundeshaushalt 2010 plant bei 239,3 Mrd Einnahmen eine Neuverschuldung von 80,2 Mrd.

     

    ich wohne in BW da werden für 2010 Einnahmen von 23,4 Mrd bei einer Neuverschuldung von 2,6 Mrd geplant.

     

    Ich würde gerne Finanzierungspläne von der FDP für die Jahre 2011/12/13 sehen bei denen all ihre Versprechen berücksichtigt sind und diese Pläne sollten dann bitte noch der Verfassung standhalten und die Maastrich-Kriterien einhalten.

  • C
    Califax

    Zitat: "Entscheidend für uns ist, dass die Entlastung noch in dieser Legislaturperiode in Kraft tritt", sagte Solms. Damit werde das Versprechen des schwarz-gelben Koalitionsvertrags erfüllt."

     

    Da kann man bloß hoffen, dass "die Erfüllung des Versprechens" nicht der alleinige Grund für die geplante Steuersenkung ist. Zufälliger Weise sind ja 2013 wieder Wahlen.

     

    Bisweilen wundere ich mich schon über die sehr ungeschickte Wortwahl von FDP Funktionären.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Zusätzlicher MwSt-Freibetrag erforderlich

    -----------------------------------------

     

    Ein einfacher Tarif bei der Einkommenssteuer ist nur eine "Säule" für eine umfassende Steuerreform.

     

    Die zweite "Säule" ist die Ausgabensteuer - sprich MwSt. Seit 1968 nimmt der Anteil der MwSt am gesamten Steueraufkommen stetig zu - und das ist auch gut so, wirkt doch die MwSt Initiative fördernd und besteuert - indirekt - auch den durch Kapital geschaffenen Mehr-Wert. Inzwischen ist die MwSt die stärkste Steuerquelle für Bund, Länder und Gemeinden.

     

    Was aber fehlt ist ein MwSt-Freibetrag als Vorstufe für ein wirklich liberales Bürgergeld ohne Arbeitszwang bzw. bedingungsloses Grundeinkommen (BGE).

     

    Die dritte "Säule" wäre die Abschaffung der extrem verwaltungsaufwändigen Kfz-Steuer und deren Umlage auf den Treibstoffpreis in Form einer Ökoabgabe.

     

    Auch auf die Energiesteuern bzw. Ökoabgaben müsste es es einen Freibetrag geben, praktisch als Ökobonus, der in das liberale Bürgergeld bzw. das BGE einfließen würde.

     

    Da die Finanzlöcher in den öffentlichen Kassen keinen Spielraum für Steuersenkungen zulassen, dürfte über kurz oder lang die MwSt erhöht werden. Ungarn und Griechenland haben es bereits vorgemacht. Um so wichtiger ist in diesem Zusammenhang der MwSt-Freibetrag für die soziale Gerechtigkeit

     

     

    L.P.Häußner, Karlsruhe

  • RG
    Roland Grundl

    Stück für Stück rückt man von den Wahlversprechen ab, nach der NRW-Wahl wird man mit der Mövenpick-Partei und den Paladinen etwas klarer sehen.Man hat einmal eine Poltikerin monatelang gegeißelt weil sie angeblich ein Wahlversprechen gebrochen hat. Hier sagt man natürlich nichts, kommentiert dies doch dezent während die Hofpresse mit dem Volksverdummungsblatt dies bejubelt. Aber die Wirtschaft regiert auch in den Medien und wird sicherlich bei denen auch mit Scheinen wedeln.

  • G
    GonZoo

    Haben immer noch so viele Bürger in NRW nicht gemerkt, daß sie von einer Partei und einem Ministerpräsidenten regiert werden, denen Geld wichtiger als die Wünsche der Bürger sind? Korruption gehört doch nicht einmal in Köln so sehr zum akzeptierten Verhalten, möchte man meinen.

     

    Wo von Lobbyisten die Rede ist, darf die FDP nicht fehlen. Nun, da die FDP ihre neuen, noch tolleren, noch absurderen, noch unfinanzierbareren Steuerpläne vorgestellt hat, dürfte sich bald nicht mehr die Frage stellen, ob die Linke reinkommt sondern ob die FDP endlich rausfliegt. Die 5-Prozent-Hürde freut sich schon auf ein Wiedersehen. So dumm, ein zweites Mal Leuten wie Westerwelle und Pinkwart die Stimme zu geben können doch gar nicht so viele sein...

  • D
    duke

    Kann mir mal jemand erklären was an einem Stufensystem besser sein soll als an einer Kurve?

     

    Steuersenkungen kann man auch durch eine niedrigere/flachere Kurve umsetzen. Die Stufen bestrafen doch nur die Leute, die beim Einkommen kurz über dem Sprung liegen.

     

    Also, wo ist der Sinn?

  • E
    Eser

    Gibt es in der Geschichte einen Fall, wo Steuersenkungen tatsächlich zu einem selbstfinanzierenden Aufschwung geführt haben.

  • JK
    Juergen K

    Ich glaube kaum, dass da für einen 53 000 Euro Familienpappi mit 2 Kindern auch nur eine

    Curry Wurst für jeden herauskommt.

  • C
    Califax

    Zitat:

    "Entscheidend für uns ist, dass die Entlastung noch in dieser Legislaturperiode in Kraft tritt", sagte Solms. Damit werde das Versprechen des schwarz-gelben Koalitionsvertrags erfüllt."

     

    Da kann man bloß hoffen, dass "die Erfüllung des Versprechens" nicht der alleinige Grund für die geplante Steuersenkung ist. Zufälliger Weise sind ja 2013 wieder Wahlen.

     

    Bisweilen wundere ich mich schon sehr über die - sagen wir mal - sehr ungeschickte Wortwahl von FDP Funktionären.

  • P
    Petrus

    Das Modell der FDP ist wohl:

    Einen unrealistischen und/oder unlogischen Vorschlag bringen. Dann hagelt es natürlich Kritik.

    Zum Schluss den Vorschlag wieder aufheben.

    Danach wird man gelobt.

     

    Wie paradox ist das denn?

     

     

    Lächerlich.