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Parlament in Warschau eröffnet

■ Regierungschef Rakowski zurückgetreten / Keine Reaktion auf Michnik-Vorschlag zur Regierungsbeteiligung von Solidarnosc / Auch bei Gewerkschaft umstritten

Warschau (dpa/ap/taz) - Eine offizielle Reaktion auf den Vorschlag des prominenten Solidarnosc-Vertreters, Adam Michnik - die Solidarnosc solle die Regierungsgeschäfte übernehmen und den Kommunisten das Amt des Staatspräsidenten überlassen - gab es bis gestern nicht. Michniks Vorstoß war offenbar nicht mit der Gewerkschaft abgesprochen und ist dort auch umstritten.

Gestern mittag trat der Sejm, die polnische Abgeordnetenkammer, zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Ihr gehören 299 Abgeornete der Regierung und 161 Vertreter der Opposition an, die von der Solidarnosc geführt wird. Zu Beginn hatte das Parlament den Abgeordneten der Bauernpartei (ZSL), Mikolaj Kozakiewicz, mit 218 gegen 81 Stimmen bei 60 Enthaltungen zum Parlamentspräsidenten gewählt. In seiner Antrittsrede bewertete der neue Präsident den Umstand, daß eine so starke Opposition im Parlament vertreten sei, als ein Zeichen für den Übergang „vom System der Hegemonie zur parlamentarischen Demokratie“.

Darüber hinaus betonte Kozakiewicz, er wolle Präsident des gesamten Semj sein, ohne sich vor den Machthabenden zu beugen. Als erste Amtshandlung gab der Präsident das Rücktrittsersuchen der alten Regierung unter Ministerpräsident Mieczyslaw Rakowski bekannt. Gleichzeitig schlug er vor, über die Neubildung der Regierung erst nach der Wahl des Staatspräsidenten zu diskutieren. Dieser muß von beiden Kammern des Parlaments bis zum 18. Juli gewählt Fortsetzung Seite 2

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worden sein. Danach ernennt der Staatspräsident den Ministerpräsidenten, der die Kabinettsumbildung vornehmen muß.

Ob die Solidarnosc sich in Regierungsgeschäfte einbinden lassen soll, ist in der Gewerkschaft sehr umstritten. So äußerte sich der Chefredakteur der Solidarität-Zeitung 'Gazeta Wyborcza‘, Adam Michnik, in einem Leitartikel am Montag für eine Übernahme der Regierung durch die „Solidarität“. Er schrieb, wenn die Kommunisten den Präsidenten stellten, sollte sich Solidarnosc um das Amt des Regierungschefs bewerben. Eine von der Solidarität geführte Rgierung könne mit Rückhalt in der Bevölkerung rechnen und Veränderungen in Wirtschaft und politischem System garantieren. Dem hielt sein Fraktionskollege Geremek entgegen, vor einer Regierungsbeteiligung müßten erst gründliche Veränderungen von unten erfolgen.

Bei der Vereidigungszeremonie im Parlament wurden die Abgeordneten nur darauf verpflichtet, dem Wohle der Volksrepublik Polen zu dienen und die Einhaltung der gesetzlichen Ordnung zu schützen. Zum ersten Mal entfiel die Formel, die die Volksvertreter auf die sozialistische Ordnung einschwor. Zur Bonner Polenpolitik S. 4

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