Papst Franziskus in Indonesien: Hype und Ärger in Jakarta
Bei seinem Besuch in Indonesien wird Papst Franziskus nicht nur bejubelt. Vor allem die Papua sind wütend, dass er zu ihrer Lage nichts sagt.
![Papua-Studenten in traditioneller Kleidung halten Plakate mit Bildern des Papstes während einer Protestaktion vor der Vatikanischen Botschaft in Jakarta Papua-Studenten in traditioneller Kleidung halten Plakate mit Bildern des Papstes während einer Protestaktion vor der Vatikanischen Botschaft in Jakarta](https://taz.de/picture/7228450/14/36351038-1.jpeg)
Zuvor hatten Franziskus und der Großimam Nasaruddin Umar vor einer illustren Schar geladener Gäste in einem den Nationalfarben Rot und Weiß ausgeschlagenen Zelt vor der Moschee die „Erklärung von Istiqlal“ über religiöse Toleranz unterzeichnet. Zeugen waren hochrangige Vertreter des Buddhismus, Hinduismus, Konfuzianismus und Protestantismus, neben dem Islam und Katholizismus die offiziell anerkannten Religionen Indonesiens.
Für Gerede sorgte unter aufgeklärteren Indonesiern, dass in der Berichterstattung der örtlichen Medien die Anwesenheit eines Repräsentanten der „penghayat kepercayaan“ – „Gläubige“ – unterschlagen wurde. Diesen Begriff dürfen neuerdings nämlich nach einem Verfassungsgerichtsurteil die rund 20 Millionen Anhänger indigener Religionen in ihren Ausweis eintragen lassen.
Konservative muslimische Politiker und Parteien zeigten sich empört über die Bitte von Religionsminister Yaqut Cholil Qoumas an Fernsehsender, während der TV-Liveübertragung des abendlichen Papstgottesdienstes das sonst übliche Video mit dem islamischen Abendgebet auszusetzen. Für Hidayat Nur Wahid von der islamischen Partei PKS und Vizepräsident des Parlaments war das Zugeständnis eine Beleidigung der Muslime. „Die Messe dauert zwei Stunden. Wir tolerieren sie, aber unserer Bitte um fünf Minuten wird nicht entsprochen. Ist das Toleranz?“
Nackter Jesus am Kreuz kann als Pornographie gewertet werden
Für den Siebenten-Tags-Adventist Begin Siantiura ist der Papst „das Biest“, also der Teufel. Einsam und allein steht Siantiura mit einem riesigen Poster in dramatischen Farben und dem Titel „Der große Kampf“ vor der belebten Bahnstation Bundaran Hi in der Thamrin Straße.
Auf der dunklen Bildhälfte galoppieren wilde Reiter durch eine Feuersbrunst, überragt vom Papst und dem Weißen Haus in Washington. Rechts prescht auf einem Schimmel ein Ritter in mittelalterlicher Rüstung, einem Schwert in der Hand und einer Krone auf dem Kopf aus dem Licht heran. „Das ist Jesus, unser Retter“, erklärt Siantiura.
Die absoluten Hingucker aber waren die katholischen Studenten aus Papua, die vor der Botschaft des Vatikans in Jakarta auf Postern mit Papstbildern und Bibelzitaten Franziskus anflehten, sich zu der Unterdrückung ihres Volkes durch das Militär und die Ausbeutung ihres Landes durch internationale Konzerne zu äußern.
Drei Papua waren in ihrem traditionellen Outfit erschienen: nackt, mit bunten Federkränzen auf dem Kopf und riesigen Penisfutteralen. Die Polizei hinderte die Papuaner an dem Marsch zum Unabhängigkeitsmonument Monas. Auf die Verhaftung der Penisfutteralträger verzichtete die Polizei jedoch, obwohl nach dem Pornographiegesetz jede Form der Nacktheit als Pornographie verboten ist.
Strenggenommen erfüllt sogar ein nackter Jesus am Kreuz den Pornostraftatbestand. Solche Moralgesetze werden in Indonesien gerne zur Befriedung der konservativen muslimischen Wählerschaft erlassen und landen dann in der Schublade. Herausgeholt werden sie meist nur, um politische Gegner kaltzustellen.
In der Community der Papua in Jakarta und vor allem aber in Jayapura in Papua dürfte es noch lange Stadtgespräch sein, dass der Papst nichts zu den massiven Menschenrechtsverletzungen an den Papua gesagt hat. Dem Papst sei sehr nahegelegt worden, heißt es in der Gerüchteküche Jakartas, das politische Tabuthema Papua zu meiden.
Am Freitag ist der Papst nach seinem dreitägigen Besuch in Jakarta nach Papua-Neuguinea weitergereist. Rudi Kogoya, einer der Demonstranten, sagt hoffnungsfroh: „Vielleicht sagt er dort etwas über unser Leid. Da muss er ja keine diplomatische Rücksicht nehmen.“
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